Schweizer Revue 4/2018

3 Schweizer Revue / Juli 2018 / Nr.4 Keine Frage: Die Alpen sind für die Schweiz und ihr Selbstverständnis prägend. Sie sind unübersehbar. Sie sind unverrückbar. Doch wie wir die Berge be- trachten, ist demWandel unterworfen. Das zeigten die letzten zwei Jahre deutlich. So lange wälzten die Schweizerinnen und Schweizer nämlich die Frage, ob sich das Land für dieOlympischenWinterspiele 2026 bewerben solle. Das sonst so sportbegeisterte Wallis zog im Juni nun den Schlussstrich: DieWalliser Stimmberechtigten lehnten an der Urne den finanziellen Beitrag ihres Kantons an die Spiele klar ab. Die Kandidatur ist damit vom Tisch. Für viele war die Aussicht aufs sportliche Spektakel ein Traum, für viele ein Albtraum. Die Debatte war entsprechend heftig. Die einen Freunde der Alpen argumentierten, die Spiele in den Alpen auszurichten, bedeute die Rückkehr an die Geburtsstätte des Wintersports, erlaube Rückbesinnung und die Rückkehr zu mehr Bescheidenheit: Die Kernidee des Olympiapro- jekts war, nur bestehende Sportstätten zu nutzen und so zu beweisen, dass Olympische Spiele nicht zwingend zu gigantischen Bauten und fragwürdi- gen Eingriffen führen müssen. Die anderen Freunde der Alpen betrachten die Bergwelt komplett anders: Sie sehen einen alpinen Lebensraum, verletzlich geworden durch denKlima- wandel, gefährdet durch den Druck der kommerziellen Event- und Spekta- kelindustrie. Die Olympiagegner stellten ebenfalls die in der Bergwelt Lebenden in den Vordergrund: Diese bräuchten dringend Zukunftsperspek- tiven, doch dieOlympischen Spielen könnten diesemit ihrer für denMoment komponiertenKünstlichkeit nicht bieten. Sie sprachen den Spielen jede Nach- haltigkeit ab. Die Absage an die Spiele hat zur Folge, dass die Schweiz für Jahre aus dem Feldmöglicher Olympiabewerber ausscheidet. Bestehen bleibt die Frage, wie wir künftig die Alpen betrachten und wie wir mit dem Nutzungsdruck auf die fragil gewordene Bergwelt umgehen wollen. Mit dem Beitrag des Autors und Historikers Daniel Di Falco ab Seite 6 steuert auch die «Schweizer Revue» die Frage an. Di Falco zeigt wunderbar, wie sehr die Alpen bereits in der Vergangenheit eine Projektionsfläche, eine Stätte der Inszenierung, des wohldosiertenNervenkitzels und des gelenkten Blickswaren. Ein Beispiel: Künstlerwie der vor 100 Jahren verstorbene Maler Ferdinand Hodler prägten bei Generationen das Bild einer heilen Bergwelt. Allerdings reiste auchHodler bequemper Bergbahn an die Orte seiner Insze- nierung der alpinen Natürlichkeit. MARC LETTAU, REDAKTOR Editorial 5 Briefkasten 6 Schwerpunkt Jean-Jacques Rousseaus Flirt mit demNervenkitzel in den Alpen 10 Politik Rückblick auf die Abstimmungen Landwirtschaftspolitik auf dem Prüfstein Das Volk entscheidet übers Velo 14 Wissenschaft Die Schweiz sucht nach Müll imAll 16 Wirtschaft Das gelbe Postauto hat Kratzer im Lack 17 Literaturserie Eine Schweizerin erobert Paris als Gefährtin grosser Männer 18 Kultur Der neuste Cartoon-Held: Roger Federer 20 Sport Die alternative, urbane Fussballwelt 23 ASO-Informationen 26 news.admin.ch 28 Gesehen 30 Gelesen / Gehört 31 Herausgepickt / Nachrichten Inhalt Die Bilder unserer Bergwelt Titelbild: Wellness im Zermatter Pool – vor der Kulisse des Matterhorns. Foto: Keystone

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