Schweizer Revue 1/2018

7 Schweizer Revue / Januar 2018 / Nr.1 «Die Werbung als wichtigste Einnahmequelle der Verlage koppelt sich vom Journalismus ab. Und es ist schwierig heutzutage, journalistische Leistungen zu refinanzieren», sagt Adam. Gleichzeitig kämpfen dieMedien gegen die Gra- tiskultur der Nutzerinnen und Nutzer. Grossverlag macht radikalen Schnitt Die Schweiz hat immer noch viele Zeitungstitel, doch das täuscht nicht über eine Tatsache hinweg: Die Pressevielfalt schwindet, die Konzentration schreitet rasant voran. Die drei grössten Schweizer Verlagshäuser kontrollieren heute schon über 80 Prozent des Deutschschweizer Marktes. Es sind dies Tamediamit dem Tages-Anzeiger , Bund , der Berner Zeitung , Sonntags Zeitung , dem Gratisblatt 20 Minuten und vielen anderen Printtiteln, Ringier mit dem Blick , Sonntags Blick , der Schweizer Illustrierte und anderen Titeln und Ra- diostationen, sowie die NZZ-Gruppemit der Neuen Zürcher Zeitung , NZZ am Sonntag , Luzerner Zeitung , dem St. Galler Tagblatt und einigen Radiostationen. Besonders augenfällig sind derzeit die Veränderungen bei Tamedia. Es ist das Medienhaus mit der grössten Reich- weite inder Schweiz und gleichzeitig einMischkonzern. Mit der Gratis-Pendlerzeitung 20Minuten besitzt die Firma das meistkonsumierte Medium des Landes. Allein die Print­ ausgabe erreicht täglich zwei Millionen Leserinnen und Leser. Das zieht die Werbung an. Das Unternehmen macht zudemmit Adresshandel und Internet-Marktplätzen wie Homegate, Ricardo oder Immostreet viel Geld. 2016 erwirt- schaftete Tamedia 122 Millionen Franken Gewinn – so viel wie kein anderer Medienkonzern. Während es bei Tamedia also durchaus lukrative Berei- che gibt, läuft es im klassischen Tageszeitungsgeschäft schlecht. Der für sein striktes Renditedenken bekannte Konzern investiert kaum mehr in den Journalismus. Statt die Gewinne in innovative Medienprojekte zu stecken, re- agiert der Konzern seit 20 Jahren auf sinkende Abonne- ments- und Werbeeinnahmen immer gleich: mit Abbau. Das führt nun zur bislang spektakulärsten Formvon inne- rer Pressekonzentration. Die 14 Tamedia-Zeitungstitel blei- ben zwar alle erhalten, doch nationale Politik, Ausland, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft, Hintergrund, Wissen- schaft und Sport werden in zwei zentralen Redaktionen – je einer in der Deutschschweiz und der Romandie – zusam- mengefasst. Dort beziehen alle Blätter der Tamedia-Gruppe dieselben fertig gelayouteten Seiten. Besonders heftig trifft es Bern. Denn bis anhin hatten die beiden Tamedia-Zeitun- gen Bund und Berner Zeitung ein starkes eigenes Profil, in Zukunft werden sie sich praktisch nur noch im Lokalteil unterscheiden. Der Machthunger des Milliardärs Sozusagen imWindschattendieser Entwicklungmacht sich ein Multimilliardär in der Schweizer Medienszene immer breiter: der Unternehmer, SVP-Übervater und alt Bundes- rat Christoph Blocher. Imvergangenen Jahr hat er sich den Zehnder-Verlag unter denNagel gerissen. Zehnder-Verlag? Kaum jemand kennt ihn, doch er ist potent. 38 Titel mit rund 800 000 Leserinnen und Lesern gehören dazu. Diese Wochenblätter sind vor allem in der Ostschweiz vonZürich bis Graubünden verbreitet, aber auch in den Regionen Lu- zern, Zug, Entlebuch, Emmental, Bern, Oberaargau und Wird aus diesem Studio bald nicht mehr gesendet? Sollte die Billag- Gebühr abgeschafft werden, würde die Existenz der SRG auf dem Spiel stehen. In den vergangenen Jahren hat Tamedia viele Stellen abgebaut. Deshalb ist es immer wieder zu Protesten gekommen – wie 2016 unter Redaktionsmit­ gliedern der Zeitung 24 Heures in Lausanne. Fotos Keystone

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