Schweizer Revue 1/2018

9 Schweizer Revue / Januar 2018 / Nr.1 Die Informationsschwellemuss aber für alle niedrig gehal- ten werden.» Adam hat keine Patentlösung für die aktuel- lenHerausforderungen in derMedienwelt. «Ich denke aber, man kommt um einen Service public nicht herum. Eine neuere Studie zeigt, dass in Ländern mit marktbasierten Medien der Informationsunterschied zwischen gebildeten und weniger gebildeten Menschen grösser ist als in Län- dern, die ein gebührenfinanziertes Mediensystem unter- halten.» Reine Marktmedien oder Service public? Um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens dreht sich derzeit die mit äusserster Härte ge- führte Debatte in der Schweiz. Die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren, wie es die No-Billag-Initiative for- dert, würde dazu führen, dass die heute konzessionierten Radio- und Fernsehveranstalter drei Viertel ihrer Ein- künfte verlören. Die Initianten argumentieren auf ihrer Homepage, diese Abgaben seien «Zwangsgebühren, welche die Entscheidungsfreiheit jedes Einzelnen einschränken». Jeder solle selbst entscheiden können, wofür er sein hart erarbeitetes Geld ausgeben wolle. Deshalb möchten die No-Billag-Befürworter das «Quasi-Monopol» der SRG auf- heben und durch einen Medienwettbewerb ersetzen. Die Initianten streben eine Medienlandschaft an, die «ei- ner rein marktwirtschaftlichen Logik folgt», schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft zum Volksbegehren. Und er warnt: «Es würden nicht mehr in allen Sprachregionen gleichwertige Radio- und Fernsehangebote zur Verfügung stehen». Es gäbe keinen Service publicmehr, dieMeinungs- und Angebotsvielfalt in Radio und Fernsehenwürde redu- ziert und der Qualitätsjournalismus tangiert. Das heutige Systemdagegen garantiere elektronischeMedien, die zum Funktionieren der demokratischen Meinungs- und Willensbildung und zur kulturellen Entfaltung beitragen. Die SRG als ein von politischen und wirtschaftlichen Inte- ressen unabhängiger Verein sei verpflichtet, ein vielfälti- ges Angebot zu garantieren, das auch die Interessen der Minderheiten berücksichtigt. Heftiger Schlagabtausch im Parlament Nicht nur der Bundesrat, auch das Parlament sagt klar Nein zur Initiative. Sympathiebekundungen sind in der Debatte bisher nur von Seiten der SVP gekommen. SVP-Nationalrat Lukas Reimann hat von «Abzockerei» gesprochen, sein Fraktionskollege Claudio Zanetti hat der SRGvorgeworfen, regierungstreu, EU-freundlich und zu links zu berichten. Und SVP-Mann ThomasMüller hat die SRG schliesslich als «gebührenfinanzierte Meinungsmacherin» bezeichnet. Genau umgekehrt sieht es die breite Koalition der Ini- tiativgegner. CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann sagt, die Meinung werde dann beeinflusst und manipuliert, wenn ausschliesslich Private dieMedien kontrollieren. SP-Mann Matthias Aebischerwarnt gar vor einer «Berlusconisierung» der Schweiz, also vor einer Medienkonzentration in den Händen von Milliardären. Bei einem Ja zur Initiative wäre die SRG wegen der geringeren Reichweite auch für Wer- bung weniger attraktiv, profitieren würden ausländische TV-Werbefenster, Google und Facebook, sagt SP-Fraktions­ chef Roger Nordmann. Für die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, ist das Volksbegehren «eine reine Zerstörungs- Die Pressevielfalt in der Schweiz ist am Schwinden, die Konzentration auf wenige Verlagshäuser schreitet voran. Fotos Keystone AZ Medien und NZZ-Gruppe fusionieren ihre Regionaltitel Kurz vor Druckbeginn erreichte die Redaktion die Meldung: Die AZ Medien und die NZZ-Mediengruppe wollen ihre Regionaltitel zusammenlegen und ein Unternehmen schaffen, das 20 Bezahlzeitungen in 13 Kantonen unter einem Dach vereint. Das neue Unternehmen wolle die Nummer eins in der Deutschschweiz werden, heisst es. Nimmt man die regionalen Zeitungs­ titel der beiden Verlagshäuser zusammen, decken sie von der Ost- über die Zentralschweiz bis nach Solothurn tatsächlich einen Grossteil der Deutschschweiz ab. Die Fusion muss von der Wettbewerbskommission abgesegnet werden.

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