Schweizer Revue 3/2018

12 Schweizer Revue / Mai 2018 / Nr.3 Politik von politischer Seite die Frage im Raum, ob die Agentur künftig grund- sätzlich vomBundunterstütztwerden soll. Parallel zur Krise bei der SDA schreitet der Umbruch bei den klassi- schen Medien weiter voran. Sie gerie- ten bereits 2017 stark in Rücklage, die Werbung als wichtigste Einnahme- quelle der Verlage koppelte sich im- mer deutlicher vom Journalismus ab und verlagerte sich zu den Internetgi- ganten. Die Pressevielfalt schwindet, die Konzentration verschärft sich. Redaktionen werden zusammenge- legt und beliefern zentral verschie- dene Zeitungstitel. Tamedia, das Medienhaus mit der grösstenReichweite inder Schweiz, ist die Treiberin dieser Entwicklung. Sie hat 2017 die spektakulärste Form in- nerer Pressekonzentration bekannt- gegeben. Die 14 Tamedia-Zeitungsti- tel bleiben zwar alle erhalten, doch seit Beginn dieses Jahres werden nati- onale Politik, Ausland, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft, Hintergrund, Wissenschaftund Sport in je einer ein- zigen zentralen Redaktion zusam- mengefasst. Tamedia-Verwaltungsratspräsi- dent undVerleger Pietro Supino ist sich bewusst, dass die Zusammenlegung vonRedaktionen «ein sensibler Punkt» ist, weil er die «Identität der einzelnen Titel» berührt. In der Jubiläumsbei- lage «125 Jahre Tamedia» von Anfang März 2018 hält er fest: «Darum ist es entscheidend, dass wir in der neuen Struktur – also mit dem Bündeln von Ressourcen – einen besseren Journa- lismus ermöglichen und damit eine neue Identität schaffen.» Wenn dies nicht gelinge, werdeman «zuRecht sa- gen, wir hättenWerte zerstört. Wenn es aber gelingt, und die ersten Erfah- rungen sind positiv, schaffen wir da- mit eine starke Basis für die Zukunft des Journalismus in der Schweiz.» «Funktionsfähigkeit gefährdet» Redaktionsvertreter sehen diese Ent- wicklung bedeutend kritischer. Sie führe zu grotesken Situationen, heisst es: Einige dieser zentralen Res- sorts seien personell überbesetzt, weil Journalisten aus den diversen Zeitungstiteln dort zusammengefasst würden. Lokale Ressorts, die bei den einzelnen Zeitungen bestehen blei- ben, haben dagegen teilweise eher zu wenig Leute, weil Abgänge nicht wie- derbesetzt werden. Dadurch sei die Funktionsfähigkeit der Redaktionen gefährdet, sagt ein Insider. Der Kon- zern setzt zwar auf natürliche Ab- gänge. Sollten jedoch nicht genügend Leute freiwillig gehen, befürchtet man in absehbarer Zeit eine Kündi- gungswelle. Der Tamedia-Konzern hat mitt­ lerweile auch die Übernahme der MedienvermarkterinGoldbach einge- leitet. Ziel: Es soll eines der Vermark- tungsunternehmen mit der grössten Reichweite der Schweiz entstehen. Goldbach organisiert den grössten Teil der Werbung der in der Schweiz aktiven deutschen Privatfernseh­ sender. Einen ähnlichenWegwie Tamedia beschreitet seit dem April 2018 auch der Somedia-Verlag im Kanton Grau- bünden. Die bisher eigenständigen Tageszeitungen «Südostschweiz» und «Bündner Tagblatt» werden ebenfalls von einer zusammengeführten Zent- ralredaktion betreut. Die Begründung ist immer die gleiche: Synergien schaf- fen undKosten sparen. Damit ist auch ein Stellenabbau wahrscheinlich.

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