Schweizer Revue 4/2018

15 Schweizer Revue / Juli 2018 / Nr.4 Thomas Schildknecht, Direktor der Stern- warte Zimmerwald, vor dem Teleskop, das kleine Schrott- stücke im All orten kann. Fotos Adrian Moser Objekte einfangen. Solche Sammel­ Roboter sind aber umstritten: Es be­ steht die Gefahr, dass sie für militäri­ sche Zwecke missbraucht werden. «Man denke etwa an die Sabotage von Aufklärungssatelliten», sagt Schild­ knecht. Ab einer gewissen Entfernung zur Erde lassen sich Objekte auch kaum mehr in die Atmosphäre steu­ ern, damit sie dort verglühen. Statt­ dessen schickt man sie in eine Zone noch weiter weg von der Erde, in eine Art Weltraumfriedhof. «Diese Praxis hat aber keine Zukunft», sagt Schild­ knecht. «Wer weiss, wozu wir den Raumda draussendereinst brauchen.» Indien braucht Daten aus Bern Die Erforschung vonWeltraumschrott hat an der Uni Bern Tradition. Ende der 1980er-Jahre sei das noch etwas für «Freaks» gewesen, sagt Schild­ knecht. Wer sich damit beschäftigte, handelte sich den Ruf ein, ein Nestbe­ schmutzer zu sein. Schildknecht: «Die Weltraumforschung genoss bis dahin einen tadellosen Ruf. Dann hat man begonnen, die negativen Auswirkun­ gen auf den erdnahen Raumaufzuzei­ gen.» Heute komme der Disziplin wachsende Bedeutung zu: «In Bern haben wir das Glück, dass nicht nur Objekte gesucht, sondern auch Bah­ nen berechnet werden können. Das ist eine fast einzigartige Kombination.» Schildknecht und sein Team ste­ hen daher in regemAustauschmit der European Space Agency und russi­ schen Berufskollegen. Und wenn In­ dien einenKommunikationssatelliten ins All schiessen will, greifen die dor­ tigenBehörden auf Datender Uni Bern zurück, umeine Kollisionmit Schrott­ Teilchen zu vermeiden. Die Sternwarte Zimmerwald in­ vestiert übrigens kräftig: Bereits 2013 wurden 700000 Franken in eine neue Kuppel und ein neues Teleskop inves­ tiert. Und die beiden neusten Kuppel­ bauten kosteten den Kanton Bern 820000 Franken. Für die neuen Teles­ kope kommt nochmal derselbe Betrag hinzu, wobei hier vor allem der Nati­ onalfonds und die Uni Bern zahlen. Wie lassen sich so teure Anschaffun­ gen binnen kurzer Zeit rechtfertigen? Schildknecht: «Bern ist an der Welt­ spitze ganz vorne mit dabei, was die Erforschung des Weltraums angeht. Wenn das so bleiben soll, braucht es modernste Technik und die entspre­ chenden Geräte.» SIMON GSTEIGER IST FREIER JOURNALIST IN BERN Flaggschiff in Sachen Weltraumforschung Die Sternwarte Zimmerwald (BE) ist ein Schweizer Flaggschiff in Sachen Weltraumforschung. Es gibt aber zahlreiche weitere Anlagen. Die Schweizeri- sche Astronomische Gesellschaft listet 46 Sternwarten auf. Hinzu kommen Forschungsinstitute verschiedener Hochschulen und Universitäten wie Genf oder Zürich. Die Sternwarten nehmen unterschiedliche Aufgaben wahr. Während die Zimmerwaldner unter anderem nach Weltraumschrott suchen, erforschen die Genfer Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems. Und Astronomen der Sternwarte Eschenberg in Winterthur messen die Positionen von erdnahen Asteroiden. Deren Messungen liefern Daten für die Bestim- mung von Bahnen der Himmelskörper und helfen dadurch mit, ein mögliches Impaktrisiko für die Erde abzuschätzen. (SG)

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