Schweizer Revue 6/2018

Schweizer Revue / November 2018 / Nr.6 30 «Migration ist für die Schweiz eine Normali- tät» steht auf der Einbandrückseite des Sach- buches «SchweizerMigrationsgeschichte». Die zwei Historiker André Holenstein, Patrick Kury und die Historikerin Kristina Schulz be- schreiben darin erstmals umfassend die Migrationsbewegungen der Schweiz von den Anfängen bis heute. Ausgangspunkt bildet die Frühzeit nach dem Ende der letzten Eiszeit um 15000 v. Chr., als erste Menschen ins Ge- biet des schweizerischenMittellandes gelang- ten. Chronologisch wird der Bogen weiterge- spannt bis zur FranzösischenRevolution; eine lange Zeitspanne, in der es die heutige politi- sche Schweiz noch nicht gab. Beleuchtet wird danach die Ein- und Auswanderung im mo- dernen Bundesstaat des 19. Jahrhunderts und bis zu den zwei Weltkriegen. Die letzten Ka- pitel sind der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart gewidmet. Die Autoren zeigen, aus welchen Gründen – aus wirtschaftlichen, politischen, religiösen oder ethnischen, privaten und familiären – ein- zelne Menschen, Familien oder ganze Bevölkerungsgruppen in das Gebiet der Schweiz eingewandert sind oder dieses verlassen haben. AllenMigrierenden gemeinsamwar, und ist es gewiss immer noch, der Wunsch, sich an einem fremden Ort eine neue Existenz aufzubauen. Im letzten Kapitel «Einsichten und Ausblicke» fassen die Autoren zu- sammen, wie bestimmend dieMigration für die Schweizer Geschichte war. Die Migrationsbewegungen sind das Fundament für die Multi- kulturalität und die Mehrsprachigkeit der Schweiz und haben zum grossen wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes beigetragen. Es ist den Autoren gelungen, an individuellen Schicksalen die Be- deutung der Migration lebendig zu veranschaulichen. Der klar for- mulierte Inhalt basiert auf den Forschungen der Autoren und weite- ren Studien und ist auch für Nichtexperten gut verständlich. Ein äusserst interessantes und umfassendes Sachbuch, welches zeigt, wie die Ein- und Auswanderung die Schweiz geprägt haben. Prof. Dr. André Holenstein ist ordentlicher Professor für ältere Schweizer Geschichte und vergleichende Regionalgeschichte amHis- torischen Institut der Universität Bern. Prof. Dr. Patrick Kury lehrt neuere allgemeine und Schweizer Geschichte am Historischen Semi- nar der Universität Luzern und ist Co-Leiter von «Stadt.Geschichte. Basel». Dr. Kristina Schulz ist Dozentin für Migrationsgeschichte am Historischen Institut der Universität Bern. «Schweizer Migrationsge- schichte» ist zurzeit nur auf Deutsch erhältlich. RUTH VON GUNTEN «Es rentiert, und das ist ein Privileg» Immigration und Emigration in der Schweiz Gehört Gelesen ANDRÉ HOLENSTEIN, PATRICK KURY, KRISTINA SCHULZ: «Schweizer Migrations­ geschichte» Hier und Jetzt Verlag 2018 384 Seiten; CHF/€ 39.– E-Book (epub) € 30.– Mit «079» hat das Duo Lo & Leduc den erfolgreichsten Popsong der bisherigen Schweizer Musikgeschichte geschaffen: Über 3,5 Millionen Streams und über Wochen hinweg auf Platz 1 der Schweizer Hitparade. Trotzdem braucht Lo alias Lorenz Häberli seinen Bürojob. DANIEL DI FALCO Klar ist er einer. Aber Star – das Wort mag er nicht. Lo also, Lo von Lo&Leduc, also Lorenz Häberli – lieber sagt er «Musiker». Selbst wenn es um die Probleme geht, die so ein Starmusiker bekommen kann, wenn eines seiner Lieder ein Land erobert, die Pausenplätze, die Schwimmbäder, die Vereinsabende. «Auf der Strasse haben Leute, die ich nicht kenne, das Gefühl, sie kennen mich. Sie erwarten Nähe, doch diese Nähe hat nichts mit mir zu tun.» Häberli meint das ent- schuldigend. Es geht ums «Ungleichgewicht» in der Beziehung zwi- schen «Musiker» und Fans. Und ums schlechte Gefühl, das er deshalb hat. «Man hat pro Tag ein bestimmtes Mass an sozialer Energie, das ist irgendwann erschöpft. Dann wird man einsilbig.» Im Büro hat er es einfacher. Dort ist er nicht der Lo, sondern «der Lorenz, der hier arbeitet», und das soll so bleiben. Häberli macht «Unternehmenskommunikation», das heisst PR; er redigiert Commu- niqués, betreut Websites, schreibt Blogbeiträge, «alles branchen­ spezifisch». Die Branche sind dieMedien, aber seinenArbeitgebermag Häberli nicht verraten. Grund: Der Lo soll den Lorenz weiter unbe- helligt lassen. Vor etwas mehr als zehn Jahren fing das alles an; Lorenz Häberli und sein heutiger Kompagnon Luc Oggier spielten in einer Maturan- denband. Dann kam der Mundart-Rap. Und die entscheidende Idee, demRap noch etwas beizubringen: eineMusikalität nach karibischer,

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