Schweizer Revue 1/2019

Schweizer Revue / Januar 2019 / Nr.1 15 Die Climeworks-Pilotanlage in Island: Die für den Betrieb benötigte Wärme liefert das Geother- miewerk Hellisheidi. Foto Arni Saeberg setzt sich anschliessend nach einer chemischen Reaktion alsKarbonat abundbildet sozusagenKalkstein– eine sichere Endlagerung gewissermassen für die Ewigkeit. Dank heissen Quellen gibt es in Island zudem genügend saubere Energie, um die Luft aus der Atmosphäre anzusaugen. «Sobald die Testphase unseres Pilotprojekts in Island abgeschlossen ist, wollenwir grössereMengenCO 2 aus der Atmosphäre entfernen und Einzelpersonen, Organisatio- nen und Unternehmen zum Kauf anbieten», sagt Clime- works-Geschäftsführer Christoph Gebald. Wenn Firmen zumBeispiel fünf Prozent ihrer CO 2 -Kompensationsmass- nahmenmit dieserMethode durchführen, «erlaubt uns das, diese dringend benötigte CO 2 -Entfernungstechnologiewei- ter zu industrialisieren.» Gewaltige Dimensionen Die Dimensionen sind allerdings gewaltig, wie einige wenige Zahlen zeigen. Climeworks hat sich zum Ziel ge- setzt, bis 2025 ein Prozent der globalen Emissionen aus der Luft zu filtern – das entspricht jährlich rund 300Millionen Tonnen Kohlendioxid. Um dies zu erreichen, wären rund 250000 Anlagen wie jene in Hinwil notwendig. Der Welt- klimarat rechnet allerdings in einem im Herbst 2018 ver- öffentlichten Klimabericht mit 100 bis 1000 Milliarden TonnenCO 2 , die aus der Atmosphäre entfernt werdenmüss- ten – je nachdem, wie schnell der Treibhausgas-Ausstoss sinkt. Der Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker er- klärte bei der Eröffnung der Hinwiler Anlage, alle Szena- rien des Weltklimarates rechneten damit, in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts CO 2 aktiv aus der Atmosphäre zu holen. «1000 Milliarden Tonnen sind allerdings kaum zu erreichen», sagte der ETH-Klimaforscher Andreas Fisch- lin gegenüber verschiedenen Medien. Gemäss einer Ein- schätzung der Akademien der Wissenschaften Schweiz liegt das Potenzial der direkten CO 2 -Filterung bei 500Mil- lionen bis maximal 10 Milliarden Tonnen pro Jahr. Vorbehalte bei Greenpeace Die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit der Firma Climeworks stösst grundsätzlich auch bei der Umwelt­ organisation Greenpeace auf Sympathien. Georg Klingler, Klimaexperte von Greenpeace Schweiz, betont gegenüber der «Schweizer Revue» ebenfalls, dass es derartige Techno- logien in Zukunft bis zu einem gewissen Grad leider brau- chen wird. Klingler warnt aber vor Illusionen und einer Gefahr: Wer allzu stark auf solche Lösungen setze, liefere der Politik Ausreden, um so die notwendige radikale Reduktion der Treibhausgaseweiter hinauszuzögern. Auch Greenpeace fordert technische Massnahmen in der Klima­ politik, versteht darunter allerdings – neben der Ver­ meidung von Treibhausgasen – vor allem eine starke Auf- forstung. Damit könne der Atmosphäre ebenfalls in erheblichemMass Kohlendioxid entzogenwerden. Zudem wäre es ein Gewinn für die Biodiversität.

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