Schweizer Revue 1/2019

Schweizer Revue / Januar 2019 / Nr.1 20 Politik den. Damals löste der rechtsliberale Tessiner FDP-Politiker Ignazio Cassis seinen abtretenden Parteikollegen Didier Burkhalter ab. Der weltoffene Burkhalter spielte häufig das Zünglein an der Waage zwischen der nominell rechtenMehrheit aus SVP und FDP im Bundesrat undMitte-links, bestehend aus den beiden SP-Regierungsmitglie- dern und der CVP-Bundesrätin Leut- hard. Burkhalter galt bei der SVP als unsicherer Kantonist und geriet zu- nehmend auch in seiner eigenen Par- tei unter Druck – und zog deshalbmit seinem Rücktritt die Konsequenzen. Die rechtsbürgerliche Orientierung des Bundesrates bleibt also erhalten. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass sich im Regierungskollegium eine überraschende Dynamik ent­ wickelt. Denn beide Neugewählten gelten als kompromissbereite Persön- lichkeiten – auch gerade Karin Keller­ Sutter. Zumindest hat sie keine Be­ rührungsängste: Sie hat im Ständerat mit dem pointiert links politisieren- den anderen St. Galler Ständerat, dem Sozialdemokraten Paul Rechsteiner, ein gut funktionierendes Arbeitsver- hältnis gefunden. Departementsverteilung wenig harmonisch Etwas weniger reibungslos als die Wahlen ging die Departementsvertei- lung über die Bühne. Es brauchte zwei Gesprächsrunden unter den sieben Bundesratsmitgliedernunddannauch noch eine Abstimmung in der neu zu- sammengesetzten Landesregierung. Dieses Vorgehen lässt auf eine eher kontroverse Debatte schliessen. Viola Amherd (CVP) übernimmt als erste Frau das Verteidigungsministerium (VBS), Karin Keller-Sutter (FDP) das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD). Der bisherige VBS-Chef Guy Parmelin (SVP) geht ins Wirtschafts-, Bildungs- und Forschungsdepartement (WBF), die bisherige Justizministerin Simo- netta Sommaruga (SP) übernimmt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie undKommunikation (UVEK). Die SP behält mit Bundesrat Alain Berset das gewichtige Innenministe- rium und übernimmt zugleich das breit aufgestellte Infrastrukturdepar- tement UVEK. Die SVP erhältmit dem WBF jenes Departement, das unter an- derem in der Europapolitik eine Schlüsselrolle spielt. Wirtschaftsmi- nister Guy Parmelin wird zusammen mit dem imAussenressort verbleiben- den Ignazio Cassis (FDP) die Stellung der Schweiz in Europa und der Welt wesentlichmitprägen. AuchUeli Mau- rer (SVP) behält das Finanzministe- rium. Die CVP, die nur einen Bundes- ratssitz innehat, muss nach dem Abgang der bisherigen UVEK-Chefin Doris Leuthard einen Bedeutungs­ verlust verkraften, denn das Verteidi- gungsdepartement gilt nicht als Schwergewicht unter denMinisterien. Immerhin behält die CVPmit Bundes- kanzler Walter Thurnherr eine wich- tige Funktion in der obersten Landes- behörde. Karin Keller-Sutter Die St. Galler FDP-Politikerin Karin Keller­ Sutter (*1963) ist Übersetzerin und Konferenz- dolmetscherin. Sie absolvierte Nachdiplom­ studien und erlangte die Lehrbefähigung als Berufsmittelschullehrerin. Ihre politische Karriere begann sie in Wil, wo sie von 1992 bis 2000 als Gemeinderätin tätig war. Von 1996 bis 2000 war sie auch Mitglied des St. Galler Kantonsrats und zwischen 1997 und 2000 zu- dem Präsidentin der FDP des Kantons St. Gallen. 2000 wurde Karin Keller-Sutter in den Regie- rungsrat gewählt und amtierte als Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartements. Ins nationale Rampenlicht trat sie erstmals auch als Präsidentin der Konferenz der Kanto- nalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren. Seit 2011 sass sie im Ständerat, den sie 2017/18 präsidierte. (JM) Viola Amherd Die Walliser CVP-Politikerin Viola Amherd (*1962) ist Juristin. Sie war bis zu ihrer Wahl in den Bundesrat selbstständige Rechtsan­ wältin und Notarin in Brig. Von 1996 bis 2006 war sie nebenamtliche Richterin der Eidgenös- sischen Personalrekurskommission. Ihre poli- tische Karriere begann sie 1993 in der Stadt­ regierung von Brig-Glis. Von 2001 bis 2012 war sie Stadtpräsidentin der Oberwalliser Metro­ pole. 2005 rutschte sie für Jean-Michel Cina in den Nationalrat nach. Sie war Mitglied der nationalrätlichen Kommission für Verkehr- und Fernmeldewesen und der Kommission für Rechtsfragen. Zudem war sie Mitglied des Büros des Nationalrats sowie Vizepräsidentin der CVP-Bundeshausfraktion. In der CVP Ober- wallis war sie Mitglied des Präsidiums. (JM)

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