Schweizer Revue 2/2019

Schweizer Revue / März 2019 / Nr.2 12 Fünf Kult-Werke des Schweizer Comics «Les pilules bleues» Frederik Peeters Atrabile ISBN 978-2-9700165-6-4 31 Franken «Damen Dramen» Anna Sommer Edition Moderne ISBN 978-3-907010-91-4 26 Franken «Le Guêpier» (Band 1) Stéphane Ceppi Casterman ISBN 2203335157 vergriffen «The Number - 73304-23- 4153-6-96-8» Thomas Ott Fantagraphics Books ISBN 9781560978756 33 Franken «Souviens-toi, Jonathan», Cosey Le Lombard ISBN 2803613107 vergriffen Kultur terstützung nach dem Beispiel des Centre national du livre (CNL) in Frankreich aus, wo Subventionen durch spezialisierte Jurys zugeteilt werden. In der Schweiz existieren le- diglich einige kantonale Stipendien, die Bundesbeiträge für Comics wer- den nicht von spezialisierten Jurys vergeben. Der Comic wird einfach beimDesign eingeordnet. Trotz allem ist der Comic auf dem Weg zur öffentlichen Anerkennung, insbesondere in der Romandie, wo die Städte Lausanne und Genf sich mit ei- nem Zentrum für die Neunte Kunst auseinandersetzen. «Der Schweizer Comic ist dabei, Genf zu einem der wichtigen Orte für diese Kunstdiszi- plin ander Seite von Paris, Brüssel und Angoulême zu erheben», unterstreicht Tom Tirabosco, Präsident der Swiss Comics Artists Association. Seit 1997 verleiht Genf im Rahmen des Prix Töpffer jedes Jahr Auszeichnungen. Die Schweiz hat auch ein Comic-Mu- seum: Das Cartoonmuseum Basel. Dazu kommen drei grössere Festivals: BDFIL, Fumetto und Delémont’BD. Auch in Aigle (VD), Belfaux (FR), Tra- melan (BE) und Lugano findenAnlässe zum Thema statt. Verleger arbeiten mit Europa zusammen Das Schweizer Verlagswesen ist nicht untätig. Verlagshäuser wie Atrabile wenden sich dem Underground­ Comic zu, und Paquet veröffentlicht sogar Werke in Europa. RVB, eine durch den Genfer Zeichner Yannis La Macchia geführte Sammlung, ver­ öffentlicht Comics im Digitalformat. In der Deutschschweiz findet der Schweizer Comic seine Stimme in Magazinen wie «Ampel», das von ei- nemLuzerner Kollektiv veröffentlicht wird, oder «Strapazin» in Zürich. Der Verlag EditionModerne hat das neuste Werk von Anna Sommer (siehe Bild gegenüber) veröffentlicht, das auch ins Französische übersetzt wird. Gibt es überhaupt einen Schweizer Comic? «Vielleicht in der Art und Weise, wie dieser Beruf betrachtet wird, der sich in einer gleichzeitig multikulturellen und isolierten Umgebung entwickelt hat», meint Zep abschliessend. Der Comic ist in einer alternativen Szene entstanden Der 1799 geborene Genfer Satiriker Rodolphe Töpffer wird als Erfinder der Neunten Kunst angesehen. «Töpffer schrieb Chroniken, die er mit Zeich- nungen zur Unterstützung des Textes zusammenschnitt. Er brachte alles zusammen, was den modernen Comic ausmacht», erklärt Dominique Ber- lie, Kulturberater des Service culturel der Stadt Genf. Montage, Panels, der Effekt der Repetition, Spannungsbogen: Dank seiner Erfindungen er- reichte der autodidaktische Schöpfer der «Littérature en estampes» mit Werken wie der «Histoire de Monsieur Jabot» internationalen Erfolg (siehe Seite 10). «Er präsentierte auch eine Theorie zu seiner Kunst und erhielt die Unterstützung von Goethe, der etwas Wichtiges in seiner Arbeit sah», erinnert Dominique Berlie. «Nach ihm hat sich in der Schweiz für lange Zeit nicht mehr viel getan», fährt Jana Jakoubek fort. «Die Entstehung eines Comics, der sich international verkauft, fand in den 60er- und 70er-Jahren statt. Alles begann mit einem alternativen Comic aus der Welt der Hausbesetzer, der auf Plakaten und in linken Zeitungen veröffentlicht wurde», erzählt Dominique Berlie. In den 70er-Jahren gingen die Genfer Zeichner Ceppi und Poussin nach Paris und schafften es, von grossen Verlegern veröffentlicht zu werden. Anfang der 90er-Jahre publi- zierte die Genfer Zeitschrift «Sauve qui peut» Zeichner aus dem Kunstge­ werbe und ermöglichte es damit jungen Künstlern, sich auszudrücken. Unter ihnen: Zep, Wazem, Baladi, Helge Reumann, Peeters und Tirabosco. Der junge Zep bot seine Werke einigen lokalen Tageszeitungen an, ohne deren Interesse erwecken zu können. Aber der zukünftige Schöpfer des «Guide du zizi sexuel» stellte erleichtert fest, dass seine Berufskolle- gen in den Medien aufzutauchen begannen. «Der Erfolg von Leuten wie Derib – dem Autor von Yakari – liess mich an die Möglichkeit des Zeich- nens als Beruf glauben», erzählt er. Zep erwähnt auch seine Begegnung mit Cosey, dem Schöpfer von «Auf der Suche nach Peter Pan». «Als Lieb­ haber der Berge fand ich mich in seinen nachdenklichen Erzählungen, die in den Walliser Alpen spielen, wieder. Dies zeigte, dass wir in einer Epoche, in der solche Gedanken für den Pariser Comic in weiter Ferne lagen, von unseren eigenen, schweizerischen Geschichten sprechen dürfen.» Der Nachwuchs des Schweizer Comics sei in Bewegung, versichert Dominique Berlie. Sie nennt Autoren wie Peggy Adam, Isabelle Pralong oder Guillaume Long. Ennet der Saane weist Tom Tirabosco auf den Maler Andreas Gefe aus Schwyz hin. Jana Jakoubek zitiert die Arbeiten der jungen Luzerner Noemi Laake und Andreas Kiener, die im Kollektiv und Magazin «Ampel» aktiv sind. (SH)

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