Schweizer Revue 2/2019

Schweizer Revue / März 2019 / Nr.2 16 Politik bene Waffe dann schon, «obwohl es sich um die genau glei- che Waffe handelt. Das würde ein Zweiklassensystem bei den Schützen schaffen.» Könnte denn die neue Regelung nicht vielleicht zu ei- nem Mitgliederzuwachs bei Schützenvereinen führen, wenn Sportschützen unter anderemMitglied in einem sol- chen Verein sein müssten? «Ganz und gar nicht», sagt Schneider dezidiert. «In unserem Verein nehmen wir nur neue Mitglieder auf, welche durch ein bereits eingeschrie- benes Mitglied ‹mitgebracht› werden. Damit stellen wir si- cher, dasswir nurMitgliedermit einemsauberen Leumund aufnehmen. Wir nehmen also nicht jede Person in den Ver- ein auf, welche bei uns anklopft. Auf die Vereine würden – hier bin ichmir sicher – Auflagen undVerantwortungen ab- gewälzt. Ich könnte mir vorstellen, dass allfällige Schiessnachweise für die Mitglieder plötzlich durch die Vereine erbracht werden müssten.» Ohne Schengen drohen Milliardenkosten Das Misstrauen bei den Schützenvereinen ist also gross. Auch wenn sich das Parlament Mühe gab, den administra- tivenAufwandmöglichst gering zu halten. Der freisinnige Urner Ständerat Josef Dittli brachte es auf den Punkt: «Wir wollen den schweizerischen Eigenheiten und der Tradition im Schiesswesen Rechnung tragen, gleichzeitig die Schengener Abkommen nicht gefährden.» Die Anträge der Linken für weitere Verschärfungen des Waffen- rechtswurden alle abgelehnt, ebensowie jene der SVP, die sich gegen die Umset- zung der EU-Vorgaben sträubte. CVP-Nationalrat Nicolo Paganini warnt davor, diese Abkommen «für ein am untauglichen Objekt statuiertes Sou- veränitäts-Exempel» zu opfern. Auch das Bundesamt für Polizei (fedpol) ruft in Er- innerung, welche Probleme entstehen könnten: Ohne Schengen «wäre unsere Polizei blind und taub». Es sei wichtig, dass die Schweiz Teil des europäischen Sicherheitsverbundes bleibe. Ein rein schweizerisches polizeiliches Sicherheitssystem aufzu- bauen, das dem heutigen Schengen-Standard entspricht, würde zwischen 400 und 500 Millionen Franken kosten. Zudemhätte der Verlust des Schengen-Visums gravierende Folgen für den Schweizer Tourismus und für die Grenzre- gionen. Der Bund rechnet bei einemWegfall von Schengen mit einem jährlichen Einkommensverlust der Schweizer Volkswirtschaft von bis zu elf Milliarden Franken. Ist dieser Preis nicht zu hoch, umdafür einigemögliche bürokratischeHürden imSchiesswesen zu verhindern? Die etwas ausweichende Antwort von René Schneider: Der Bundesrat müsse die EU-Waffenrichtlinie mit der EU halt neu verhandeln, und «ich bin überzeugt, dass eine Lösung gefunden werden kann, welche für beide Seiten akzepta- bel ist und das Abkommen nicht gefährdet.» Die Schweiz – ein Waffenarsenal Das Schützenwesen hat in der Schweiz eine grosse Tradi- tion, und dieWaffenliebhaber sind zahlreich: In Schweizer Haushaltungen gab es gemäss der letzten Schätzung des Bundes aus dem Jahr 2013 rund zwei Millionen Schusswaf- fen. Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen, dass die Kantone seither zwischen 150000 und 250000 Waffen­ erwerbsscheine ausgestellt haben. Da pro Erwerbsschein bis zu drei Waffen gekauft werden können, rechnet man mittlerweile mit einer Gesamtzahl von 2,5 bis 3 Millionen Schusswaffen in Schweizer Haushalten. Kenner des Schiesswesens: René Schneider. Foto zvg Zersiedelungsinitiative findet keine Gnade Die Gesamtfläche der Bauzonen in der Schweiz einfrieren, und neue Bau­ zonen nur noch dann bewilligen, wenn andernorts eine mindestens gleich grosse Baufläche aufgehoben wird: Dies forderte die Zersiedelungs­ initiative der Jungen Grünen. Das Anliegen stiess anfänglich in Meinungs­ umfragen auf viel Zustimmung, doch an der Urne sah es dann ganz anders aus. Das Volksbegehren wurde am 10. Februar 2019 mit 63,7 Prozent Nein­ stimmen deutlich abgelehnt. Wichtigster Grund für die Ablehnung: Die vorgeschlagene Regelung wurde als zu radikal und zu starr beurteilt. Die Gegnerschaft führte ins Feld, dass das 2013 revidierte Raumplanungs­ gesetz (RPG) griffig sei und seine Wirkung erst voll entfalte; die Kantone arbeiten daran, die strengeren Vorgaben umzusetzen. Eine neue Norm auf Verfassungsstufe wäre deshalb eher kontraproduktiv gewesen. Zudem erlaubt das neue RPG gar, Bauzonen nicht nur einzufrieren, sondern auch aufzuheben. (JM) 36.3 % Ja 63.7 % Nein Am 19. Mai 2019 kommt zusätzlich das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) zur Abstimmung. Die Vorlage wurde in der «Schweizer Revue» vom November 2018 ausführlich vorgestellt.

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