Schweizer Revue 2/2019

Schweizer Revue / März 2019 / Nr.2 21 Eine Folge der Schweizer Medien­ krise: Grosse Verlags­ häuser wie Tamedia beliefern inzwischen zahlreiche lokale Blätter mit identi­ schen Inhalten. Foto Keystone «Republik» wie das Westschweizer Pendant «Bon pour la tête» erreichten ihre jeweilige Community mit «gut ge- machtem Journalismus», wie Puppis betont. Doch blieben sie Nischenanbieter. «Alle neuen Onlineportale stehen letztlich vor der gleichen Herausforderung wie die klassi- schen Medien: Wie finanziert man Journalismus? Dazu hat noch niemand eine Lösung gefunden.» Umstrittenes Mediengesetz Auch der Bundesrat hat den Handlungsbedarf erkannt. Noch vor ihrem Rücktritt schickte Medienministerin Doris Leuthard (CVP) letzten Sommer den Entwurf eines Mediengesetzes in die Vernehmlassung. Neu sollenmit der Medienabgabe von 365 Franken, die jeder Schweizer Haus- halt zahlt, nicht nur Radio und Fernsehen unterstützt wer- den, sondern auch Onlinemedien – sofern sie hauptsäch- lich Audio- und Videoinhalte produzieren. Mit dieser Einschränkung will der Bundesrat die Presse vor subven- tionierter Konkurrenz schützen. Die bundesrätlichen Vorschläge stossen bei den Ver­ legern auf wenig Gegenliebe. Siewollen auch keine direkte Presseförderung. Statt «neue Onlineangebote zu subventi- onieren, die denMarkt verzerren» solle der Bund vielmehr den privaten Medien dabei helfen, die «digitale Transfor- mation zu bewältigen», schreibt der Verlegerverband, an dessen Spitze Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino steht. Konkret fordern die Verleger eine massive Erhöhung der indirekten Presseförderung von 30 auf 120Millionen Franken pro Jahr. Diese Subventionen sollen nebst der Verbilligung von Posttarifen auch in die Frühzu- stellung von Tageszeitungen fliessen. Davon würden alle grossenVerlage profitieren – also auchdie Tamedia-Gruppe, die 2017 einen Konzerngewinn von 170Millionen Franken erzielte. Profite erwirtschaftet das grösste Schweizer Me- dienhaus mit kommerziellen digitalen Dienstleistungen wie etwa der Stellenplattform Jobcloud. Kritiker werfen Tamedia vor, nicht mehr in das eigentliche Kerngeschäft – den Journalismus – zu investieren, aber dennoch auf indi- rekte Subventionen vom Staat zu pochen. Das Mediengesetz ist aber auch aus Sicht von Manuel Puppis «eine verpasste Chance». Dies sagt der Forscher in seiner Funktion als Präsident vonMedia Forti. Der zivilge- sellschaftliche Verein setzte sich für eineMedienpolitik «im Interesse der Öffentlichkeit» und für einen «demokratiere- levanten Journalismus imdigitalenZeitalter» ein. Verpasst sieht Puppis insbesondere die Chance, Onlinejournalismus generell und direkt zu fördern, was nicht zuletzt auch Lokal- und Regionalzeitungen eine Möglichkeit bieten würde, die Digitalisierung zu meistern. Zerrieben werden könnte das Mediengesetz auch zwi- schen den politischen Parteien: Die Rechtewill weniger, die Linke mehr Medienförderung. Das Parlament dürfte sich kaumvor Ende Jahrmit der umstrittenenVorlage befassen. Es sei denn, die neueMedienministerin Simonetta Somma- ruga (SP) geht nochmals über die Bücher.

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