Schweizer Revue 2/2019

Schweizer Revue / März 2019 / Nr.2 3 Dieses Editorial wurde nicht im Berner Büro der «Schweizer Revue» geschrieben, sondern in maxi­ maler Entfernung davon: in einer tasmanischen Vor­ stadt. Die Visite bei den Antipoden erlaubt es, viele Dinge aus anderer Optik wahrzunehmen. Selbst das Stimm- undWahlrecht, das die Schweiz ihren imAus­ land lebendenMitbürgerinnen und -bürgern gewährt, erscheint in neuem Licht. In der Schweiz gerät dieses Recht immer wieder in die Kritik. Aufge­ worfenwird etwa die Frage, ob es auch jenen gewährt werden soll, die nie in der Schweiz gelebt haben. Hier, auf der fernen Insel, ist sie nun, die junge Schweizerin, die noch nie in der Schweiz war und trotzdem ihr Stimmrecht wahrnimmt. Nennen wir sie Sophia. ImHerbst will sie erstmals wählen. Ihr Urteil überrascht zunächst: Abstimmen sei anstrengend, die Themen seien ihr amAnfang oft fremd. Dann folgt das wichtige «Aber»: Treffe das Couvert aus der Schweiz ein, sei dies jeweils der Beginn eines Familiengesprächs – über die heutige Schweiz, ihre heutigen Chancen und Herausforderungen. Für die junge Auslandschweizerin heisst Teilhabe ampolitischen Leben also, sich nicht nur an der verklärten Schweiz aus der rückwärtsgewandten Familiengeschichte zu orientieren, sondern an der realen Schweiz der Gegenwart. Sie wird dank des Abstimmens etwas mehr Schweizerin, rückt näher an die ferne Heimat. Was will man daran kritisieren? Für all die Sophias ist es gut zu wissen, dass die Kritik nicht unbedingt auf sie zielt, sondern einen innenpolitischen Hintergrund hat: In der Schweiz können auch bestens integrierte Auslände­ rinnen und Ausländer – etwa in der Schweiz geborene Secondos – kaum am politischen Leben partizipieren. EinViertel der ständigenWohnbevölkerung zahlt Steuern, steuert aber politischnichtmit. Darin sehen viele einDilemma der direktenDemokratie – und es führt zu argwöhnischen Seitenblicken auf jene, die aus der Ferne mitbestimmen. Neuenburg und Jura begegnen dem Dilemma mit einem kantonalen Ausländerstimmrecht. Insbesondere West­ schweizer Kantone erlauben ihren Gemeinden zudem, kommunale Auslän­ derstimm- und wahlrechte einzuführen. Ein landesweiter Ansatz für den Umgang mit dem Thema ist aber nicht zu erkennen. Übrigens: Siewollen imHerbst wählen, sind aber noch nicht ins Register eingetragen? Wir erklären in dieser «Revue», was in diesem Fall konkret zu tun ist. MARC LETTAU, CHEFREDAKTOR Editorial 5 Briefkasten 6 Schwerpunkt Hausärztemangel: Der Herr Doktor im Dorf wirdmehr undmehr Geschichte 10 Kultur Die Geburtsstätte des klassischen Comics – liegt in der Schweiz 13 Politik Rahmenvertrag Schweiz-EU: Vor der Stunde der Wahrheit Verschärftes Waffenrecht: Schweizer Schützen sind nervös Nachrichten aus aller Welt 17 Literaturserie 18 Politik / Wahlen 2019 Wahlrecht für Auslandschweizer und -schweizerinnen unter Druck 20 Gesellschaft Die Schweizer Medien stecken in ernsthafter Krise 23 ASO-Informationen Wie komme ich ins Wahlregister? Eine praktische Anleitung 26 news.admin.ch 28 Gesehen Aufgefrischte Erinnerung an den Atom-Unfall von Lucens 30 Gelesen / Gehört 31 Herausgepickt / Nachrichten Inhalt Sophia will wählen Die Illustration auf dem Titelbild stammt von der Schweizer Cartoonistin Anna Sommer Herausgeberin der «Schweizer Revue», dem Informationsmagazin für die Fünfte Schweiz, ist die Auslandschweizer-Organisation (ASO).

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