Schweizer Revue 3/2019
Schweizer Revue / Mai 2019 / Nr.3 22 Gesellschaft 1,78 Millionen mehr als verdoppelt. Im Jahr 2017 wurden 6785 Zivildienstleistende aufgenommen und Ende dessel- ben Jahres waren fast 48000Zivildienstleistende eingetra- gen. Aufgeschreckt durch diesen Erfolg startete der Bun- desrat eine Offensive, umden Zivildienst unattraktiver zu gestalten. Er entschied, besonders gegen die Männer vor- zugehen, die bereits einen Teil ihres Militärdienstes abge- leistet haben und dasMilitär verlassenwollen. Das Ziel die- ser Massnahmen? «Respekt für das Prinzip durchsetzen, dass es keine freie Wahl zwischen Militärdienst und Zivil- dienst gibt [...]», so der Bundesrat. Dies ist jedoch etwas irreführend, denn es geht eigentlich um den «Tatbeweis». Die Regierung fürchtet sich besonders vor einem Abwandern der Kaderleute und Spezialisten zu einer un- bewaffnetenOrganisation. Unter 6205 Zulassungen im Jahr 2018 waren 2264 Soldaten, die ihre Rekrutenschule abge- schlossen hatten, darunterwiederum350Offiziere undUn- teroffiziere. Die Regierung bemerkt «einen Wissens- und Kompetenzverlust bei der Führerschaft und einen Verlust des technischen Know-hows [...]». Die Hintertür aus der Armee Viele kritisieren diese Politik. Der sozialistische Lausanner Gemeinderat Benoît Gaillard, noch im Jahr 2004 selbst Zivildienstleistender, prangert eine Abwanderung von Dienstpflichtigen durch die «Hintertür» an. Die durch- schnittliche Quote der Diensttauglichkeit variiert je nach Kanton zwischen 55 und 83 %. «EinNein zumMilitärdienst Die Provokation auf dem Weg zum Zivil- dienst: Protestler deponieren vor dem Bundeshaus ihre Armeewaffen und Uniformen (22. April 1971). Archivbild zvg bedeutet heuteDienstuntauglichkeit aufgrund eines wohl nur bedingt ernst zu nehmenden Attests. Ein Aufruf zum Dienst am eigenen Land wäre erfolgversprechender.» In der Tat stehe der Bundesrat unter demDruck der Rechts- parteien, sagt Gaillard: «Und er möchte den Eindruck ver- meiden, alternative Lösungen zumMilitärdienst zu bevor- zugen. Er zieht es deshalb vor, die Abwanderung aus der Armee durch die Hintertür zu tolerieren.» Der Politiker ist ausserdemder Ansicht, das Systemschliesse die Frauen aus. «Die Aufgabe der Schweizer Armee ist an sich nicht schlecht», sagtMilan und vertrittdieMeinung, dass «sie ein neues Narrativ entwickelnmüsste, dasmehr Junge anzieht». Und die Verteidigung imFalle eines Angriffs? «Eine Illusion. Es wäre, als würde man sich Atommächten mit dem Sack- messer entgegenstellen. Wir brauchen vielmehr eine Armee, die sich Friedensmissionen zuwendet», sagt der ehemalige Armeeangehörige. *Vorname geändert. Abonnieren Sie den Newsletter der Auslandschweizer-Organisation (ASO) und bleiben Sie informiert, egal wo Sie sind: www.aso.ch/de/information/newsletter
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx