Schweizer Revue 4/2019

Schweizer Revue / Juli 2019 / Nr.4 10 In der Schweiz sinkt der CO 2 -Ausstoss Im April vorgelegte Auswertungen zeigen: Zwischen 1990 und 2015 ist in der Schweiz der Ausstoss an klimaschädlichem CO 2 um gut 10 Prozent zurückgegangen, trotz gleichzeitigem Bevölkerungswachstum. Der CO 2 -Ausstoss pro Kopf ist weniger als halb so hoch wie bei den übrigen Industriestaaten. Dies ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht lautet: Bei genauerer Betrachtung liegt der ökologische Fussab- druck der Schweizerinnen und Schweizer weit über dem weltweiten Durchschnitt. Denn: Die Schweizer Volkswirtschaft importiert sehr viele CO 2 -intensive Produkte aus dem Ausland. Rund 80 Prozent der von Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten verursachten Treibhausgasemissionen fallen im Ausland an. In vollem Gang ist in der Schweiz übrigens das Ringen um die Totalrevision des Schweizer CO 2 -Ge- setzes. Es soll zu substanziellen Senkungen des CO 2 -Ausstosses führen. Gestritten wird unter anderem über die Frage, wo die Schweiz zu künftigen CO 2 -Senkungen beitragen will: Hauptsächlich im Ausland oder zu grossen Teilen im Inland. Während sich der Nationalrat bisher weigerte, ein Inlandsziel festzu­ legen, dürfte der Ständerat beschliessen, dass mindestens 60 Prozent im Inland geleistet werden muss. So zumindest schlägt es die vorberatende Kommission vor. (MUL) Schwerpunkt rach. Gleichzeitig sieht Linus Dolder darin auch eine Falle: «Das eigenver­ antwortliche Handeln des Einzelnen hat schlicht keinen ausreichend gros­ senEinfluss. Es braucht unbedingt den Einbezug der Politik.» Sie müsse die Weichen stellen, damit die gesteckten Ziele gemeinsam erreicht werden können: «Man muss also auch dafür sorgen, dass Klimaschutz nicht bloss ein Familien-Hobby bleibt.» Breite Debatte, neue Blickwinkel Die einen umarmen die Klimajugend, die anderen bestrafen sie mit Abgren­ zung. Beide Reaktionsweisen gehen vom gleichen Referenzpunkt – der Klimafrage – aus. Deshalb rückt sie in der Schweiz so oder so stets stärker in den Mittelpunkt der politischen De­ batte, zunehmend auch unter neuen Betrachtungswinkeln. So erklärte die fortschritts- und wirtschaftsfreund­ liche «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) unlängst auf ihrer Frontseite, die Digitalisierung werde fälschlicher­ weise als Teil der Lösung des Klima­ problems verstanden. Aber sei im Gegenteil dazu Teil des Problems. We­ gen dem wachsenden Streaming-Volumen sei die Kommunikations­ technologiebranche inzwischen für 3,7 Prozent der globalen Treibhausgas­ emissionen verantwortlich. Das ist rund doppelt so viel, wie die zivile Luftfahrt zu verantworten hat. Mit Seitenblick auf die Jugend doziert die NZZ: «Streaming ist das neue Fliegen.» Wer ein Video streame, vervielfache den Energiekonsumseines Smartpho­ nes ums 1500-Fache. «Wir konsumieren alle mega viel» Das Smartphone hat auch Wirada Lä­ derach stetsmit dabei. Ja, viele heutige Jugendliche seien «satte, bequemeKin­ der der Konsumgesellschaft». Gleich­ zeitig sei es dieGeneration, die sichbe­ wege und neue Erkenntnisse suche. Für sie heisse das etwa: «Fliegen ist toll, aber für die nächste Reise einfach keine Option.» Die Begriffe Konsum und Konsumgesellschaft hat auch So­ phie Feuz im Repertoire. Auf ihrem Protestbanner, das Spuren des regel­ mässigen Gebrauchs trägt, steht «Re­ volutionieren statt konsumieren». Sie wolle damit sagen, dass der – oft unbe­ dachte – Konsumein enormer Treiber des Klimawandels sei: «Wir konsumie­ ren alle mega viel undmega billig.» Es gelte also, den eigenenKonsumzuhin­ terfragenund für Kostenwahrheit ein­ zustehen, also einenPreis zubezahlen, der alleKostendecke, die einGutwirk­ lich verursacht. Apropos Wahrheit: Ist es nicht doch ein bisschen easy, die Schule zu schwänzen und dies als politische Tat zu verkaufen? Sophie Feuz’ Replik ist gradlinig. Ein solches Bild zu verbrei­ ten sei «etwas peinlich» und «vor allem falsch»: Wer streikenwolle, müsse ein ordentliches Dispensationsgesuch einreichen und erhalte happige Zu­ satzaufgaben auferlegt. Nicht zu strei­ ken, sei da echt einfacher. Sie selber habe als Zusatzaufgabe einen Vortrag über den «anthropogenen Klimawan­ del» erarbeiten müssen. Das habe sie gefordert, denn der Klassenlehrer sei Geologe und im Thema sattelfest: «Da darf me ke Seich verzelle.» Unterwegs mit Linus, Sophie und Wirada Weitere Bilder von den in dieser Ausgabe por- traitierten Jugendlichen Linus Dolder, Sophie Feuz und Wirada Läderach finden Sie online unter www.revue.ch. Ergänzt wird der Bilder­ bogen mit Reportagebildern der letzten Schweizer Schülerstreiks zum Thema «Klima». Bei der Parteienumfrage wurden folgende im Natio- nalrat vertretene Kleinparteien nicht berücksichtigt: Evangelische Volkspartei, EVP (2 Sitze), Lega di Tici- nesi (2), Mouvement Citoyens Genevois, MCG (1), Partei der Arbeit, PdA (1) sowie Parteilose (2).

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