Schweizer Revue 4/2019
Schweizer Revue / Juli 2019 / Nr.4 15 Politik THEODORA PETER Künftig können in der Schweiz halb automatische Waffen mit grossem Magazin nur noch mit einer Ausnah mebewilligung gekauft werden Waf fenhändler müssen alle Transaktio nenmelden undHobby-Schützen ihre Sturmgewehre beimkantonalenWaf fenbüro registrieren. Mit 63,7 Prozent Ja fiel die Zustimmung des Souveräns zur Übernahme einer entsprechenden EU-Waffenrichtlinie ins Schweizer Recht deutlich aus. Gegen dieses «EU-Diktat» wehrten sich die Schützenvereine zusammen mit der SVP erfolglos. Die Mehrheit der Stimmenden wollte die Mitglied schaft beim Schengen-Abkommen nicht aufs Spiel setzen. Bei einemNein zum verschärften Waffenrecht hätte der Schweiz ein Ausschluss gedroht – mit weitreichenden Folgen auf Grenz kontrollen und Sicherheit. Mit der Waffenrichtlinie wird nämlich auch der polizeiliche Informationsaus tausch zwischen den 26 Schengen- Staaten verbessert. Künftig wird im Informationssystem ersichtlich sein, wenn ein anderes Schengen-Land ei ner Person eine Waffe verweigert. Neue SVP-Initiative zielt auf Personenfreizügigkeit Politbeobachter interpretieren das Ja zum Waffenrecht durchaus als Be kenntnis zumbilateralenWegmit der Europäischen Union (EU). Doch die veritable Feuerprobe steht noch bevor: Im Laufe des nächsten Jahres kommt die Initiative «für eine massvolle Zu wanderung» zur Volksabstimmung. Mit dieser sogenannten «Begrenzungs initiative» zielen SVP und die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) auf eine Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU ab. Dies hätte laut Bundesrat wahr scheinlich den Wegfall aller Verträge zur Folge und würde den bilateralen Weg grundsätzlich in Frage stellen. Die Schweiz muss ihr Verhältnis zur EU ohnehin klären. Ein instituti onelles Rahmenabkommen soll die Weiterentwicklung der fünf bestehen den bilateralen Abkommen ermög lichen und den Weg für neue Abkom men ebnen. Doch der ausgehandelte Rahmenvertrag ist in der Schweiz nicht mehrheitsfähig («Schweizer Revue» 2/2019). Zu den Stolpersteinen gehören etwa die Konzessionen beim Lohnschutz, die eine Schwächung der flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping zur Folge hätten. Des halb lehnen die Gewerkschaften den Rahmenvertrag ab. Auf der anderen Seite sieht die SVP die Souveränität der Schweiz grundsätzlich in Gefahr. Der Bundesratmuss einenWeg finden, um in Brüssel Nachbesserungen zu er wirken. Der Entscheid der Regierung zum weiteren Vorgehen stand bei Redaktionsschluss noch aus. Neuver handlungen hat die EU aber bislang kategorisch ausgeschlossen. Ältere auf dem Arbeitsmarkt besserstellen Ein innenpolitisches Zeichen zuguns ten der Personenfreizügigkeitmit der EU hat der Bundesrat aber bereits ge setzt. So soll die Situation älterer Schweizer Arbeitnehmer auf dem Stellenmarkt mit einem Impulspro grammverbessert werden. Viele über 50-Jährige hatten 2014 der Zuwande rungsinitiative der SVP zugestimmt – aus Furcht, von Einwanderern vom Arbeitsmarkt verdrängt zu werden. Ihren Existenzängsten kommt der Bundesrat mit einem Ausbau der Sozialversicherung entgegen:Wermit 60 Jahren ausgesteuert wird, soll bis zur ordentlichen Pensionierung eine Überbrückungsrente erhalten. Das Seilziehen um Europa geht weiter Das Stimmvolk sagte am 19. Mai klar Ja zum verschärften Waffenrecht. Damit bekannte es sich auch zum Verbleib der Schweiz im europäischen Schengen-Raum. Doch die grossen europapolitischen Auseinander setzungen stehen erst noch bevor. Die Schützen blieben chancenlos. Die Feuerprobe zum Verhältnis mit der EU steht aber erst noch bevor. Foto Keystone
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx