Schweizer Revue 4/2019

Schweizer Revue / Juli 2019 / Nr.4 16 Politik THEODORA PETER Es galt als wichtiges Geschäft der zu Ende gehenden Legislatur: das Gesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF). Kritiker rümpften die Nase über den «Kuhhan- del», weil die Vorlage zwei Themen verknüpfte, diemateriell nicht zusam- mengehören: Steuern und AHV. Fi- nanzminister Ueli Maurer (SVP) lobte das Paket hingegen als typisch helve- tischenKompromiss. Sowerdendie zu erwartenden Steuerausfälle mit ei- nemsozialenAusgleich für die AHV in der Höhe von zweiMilliarden Franken kompensiert. Von diesem «Deal» des Parlamentes liess sich schliesslich auch der Souverän überzeugen. Mit ei- nem Ja-Anteil von zwei Dritteln (66,4 Prozent) fiel die Zustimmung an der Urne deutlicher aus als erwartet. Of- fenbar wollte das Stimmvolk die jah- relange Blockade beenden. Zur Erin- nerung: 2017 scheiterten sowohl die Unternehmenssteuerreform III wie auch das Reformprojekt «Altersvor- sorge 2020» in zwei aufeinanderfol- genden Volksabstimmungen. Aus für international verpöntes Steuerregime Mit der Reform der Unternehmens- steuern schafft die Schweiz ein inter- national verpöntes Steuerregime ab. Ansonsten wäre das Land 2020 auf ei- ner schwarzen Liste der EU gelandet. Konkret geht es um die Abschaffung von Sonderprivilegien für rund 24000 Holdings und andere Spezial- gesellschaftenmit Sitz in der Schweiz. Künftig werden nun alle Unterneh- men gleich besteuert. Dadurch sinkt die Belastung für einheimische Fir- men, während die bisher Privilegier- ten mit höheren Steuern rechnen müssen. Damit diese Unternehmen trotzdem in der Schweiz bleiben, schafft das Gesetz neue, international akzeptierte Anreize wie die soge- nannte Patentbox. Sie bewirkt, dass ein Teil der Gewinne aus Erfindungen tiefer besteuert werden. Insgesamt dürfte die Reform für Bund und Kan- tone zu Steuerausfällen in der Grös­ senordnung von zwei Milliarden Franken kommen. Neue Reform mit Erhöhung Frauenrentenalter Im Gegenzug erhält die AHV eine dringend nötige Finanzspritze – fi- nanziert durch die Bundeskasse sowie höhere AHV-Beiträge von Arbeitneh- mern und Arbeitgebern. Der Zustupf von zwei Milliarden sorgt aber nur für eine kurze Verschnaufpause. In der Kasse des Sozialwerks fehlen gemäss Bundesrat bis 2030 insgesamt 23 Mil- liarden Franken. Grund ist die demo- grafische Entwicklung: In den nächs- ten zehn Jahren erreichen die geburtenstärksten Jahrgänge das Ren- tenalter. Der Bundesrat hat deshalb bereits vor der STAF-Abstimmung eine wei- tere AHV-Reform aufgegleist. Finan- ziell stabilisiert werden soll die Sozi- alversicherung mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozent- punkte. Vorgesehen ist zudemeine Er- höhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre. Dagegen wollen sich die Gewerkschaften zur Wehr setzen. Die Details der neuen Reform präsen- tiert der Bundesrat nach den Sommer- ferien. Aus dem bürgerlichen Lager kommen derweil weitergehende Re- formforderungen bis hin zu einer Er- höhung des Rentenalters auf 66 Jahre für alle. Nun folgt der Streit ums höhere Rentenalter Nach jahrelangem Ringen gelang am 19. Mai ein politischer Durchbruch. Das Stimmvolk gab grünes Licht zur Unternehmenssteuerreform, kombiniert mit einer Finanzspritze für die AHV. Trotz Verschnaufpause steht das Sozialwerk vor einer neuen Reform. Abstimmungserfolg für Finanzminister Ueli Maurer (SVP): Er verteidigte den «Kuhhandel» gegen heftige Einwände seiner Partei. Foto Keystone

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