Schweizer Revue 4/2019
Schweizer Revue / Juli 2019 / Nr.4 20 Politik Politische Werbung, hier am Beispiel der Vollgeldinitiative, kostet Geld – viel Geld. Trotzdem fehlten in der Schweiz die griffigen Transparenzregeln, kritisiert der Europarat. Foto Keystone STÉPHANE HERZOG Wird die Schweiz bald ihr System der Parteien- und Kam- pagnenfinanzierung offenlegen? Das zumindest will die von SP, den Grünen und der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) getragene Transparenz-Initiative. Sie lehnt sich an Vorlagen an, wie sie bereits in den Kantonen Genf, Tessin, Neuenburg, Freiburg und Schwyz angenommen wurden. Die Stossrichtung lautet: Parteien sollen ihre Kam- pagnenkonten veröffentlichen und die Herkunft von Spen- den von über 10000 Franken deklarieren müssen. Heute ist es kaum möglich, die Ausgaben für Kampag- nen oder Wahlen im Detail in Erfahrung zu bringen. «Die Transparenz fehlt komplett», sagt Georg Lutz, Direktor des Schweizer Kompetenzzentrums Sozialwissenschaften, zur gegenwärtigen Situation. Dies ist der Hauptgrund, warum die Schweiz regelmässig vom Europarat unter Beschuss genommen wird, respektive von dessen Staatengruppe gegen Korruption (GRECO). «Die Gruppe wurde zur Be- kämpfung der Korruption in den osteuropäischen Ländern gegründet», erinnert Andreas Ladner, Direktor des Insti- tuts für öffentliche Verwaltung der Universität Lausanne. In der Schweiz ist Politik Privatsache Die Kritik der GRECO-Berichte wiederholt sich: «Es beste- hen keinerlei Einschränkungen für Spenden (…) und keine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Buchungsbelege durch die Parteien.» In der Schweiz, die über kein Gesetz über politische Parteien verfügt, bleiben diese Dinge Pri- vatsache. «Die Parteienwerden oft auf kantonaler und kom- munaler Ebene in kleinen oder sogar sehr kleinenVereinen organisiert», konstatiert GRECO. Als Folge davon verfügen die Parteiapparate auf Bundesebene oft über sehr beschei- dene Mittel. «Eine Gesetzgebung, die auf alle Akteure des politischen Lebens anwendbar ist, würde erhebliche Ad- ministrativarbeit und Kosten verursachen», sagt dazu der Bundesrat. AnfangMai entschied die Staatspolitische Kom- mission des Ständerates, einen Gegenvorschlag zur Initia- tive zu unterstützen, schlägt als Untergrenze für deklara- tionspflichtige Spenden jedoch 25000 Franken vor. Ins Visier nehmen die Befürworter eines Transparenzge- setzes primär die Rechte, insbesondere die SVP. Deren an- griffige Kampagnen erhielten regelmässig sehr substanzi- elle finanzielleUnterstützung,mitunter von SVP-Übervater Christoph Blocher. An Offenlegung politischer Finanzie- rung liegt der SVP wenig: «Wieviel Geld investiere ich in eineWahlkampagne?Wie hoch ist der Anteil von Spenden und Eigenmitteln in diesem Paket? Das ist meine finanzi- elle Privatsphäre», beschied Ständeratskandidat Roger Das Geheimnis um die Finanzierung politischer Kampagnen schürt Neid Die Schweiz wird vom Europarat regelmässig wegen der mangelnden Transparenz bei der Finanzierung politischer Kampagnen kritisiert. Der Kern des Problems: Wer mehr Mittel einsetzt, wird besser gehört.
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