Schweizer Revue 4/2019
Schweizer Revue / Juli 2019 / Nr.4 8 Schwerpunkt Kanton Zürich die klimapolitisch pointierte Grüne Partei sowie die Grünliberalen ihrenWähleranteil von zusammen 14,8 Prozent (2015) auf neu 24,8 Prozent gesteigert. Für helveti- sche Verhältnisse ist dies eine enorme Verschiebung. Sie erfolgte übrigens auf Kostender rechtsbürgerlichen SVP sowie der Freisinnigen. Die daraufhin folgenden Parlamentswahlen in den Kantonen Baselland und Luzern lie- ferten ähnliche Bilder. Den Zürcher Wahlen kommt aber besondere Be- deutung zu, weil diese in der Vergan- genheit ein verlässlicher Gradmesser für die später im Jahr folgenden nati- onalen Wahlen waren. Die meisten Politologen mutmassen deshalb: Am 20. Oktober könnte sich das Bild – grüne Erfolge, rechtsbürgerliche Baisse – wiederholen. Wie beurteilen die Streikenden den Wahlherbst? Sophie Feuz: «Ich traue uns zu, dieWahlenmassgeblich zu beeinflussen.» Sie schiebt ein «falls» nach: «Falls das Interesse der Jugend- lichen nicht verebbt.» Einigen Gleich- altrigen genüge nämlich der «einma- lige Einsatz» auf der Strasse: «Ander- seits sindwir doch jedesmal mehr, die BDP setzt auf Gletscher-Initiative Wie die CVP unterstützt auch die BDP ein griffiges CO 2 -Gesetz. Nach dem Scheitern der Vorlage im Nationalrat wollte die Partei ur- sprünglich eine eigene Volksinitiative lancie- ren. Dies mit dem Ziel, in der Schweiz ab 2040 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen. Die Idee einer solchen Mobi- litätsinitiative liess die Partei später fallen und unterstützt stattdessen die breit abge- stützte Gletscher-Initiative, welche die Ziele des Pariser Klimaabkommens in der Verfas- sung verankern will. Damit bündelt die BDP die Kräfte und präsentiert sich als pragmati- sche und lösungsorientierte Partei – getreu dem Wahlmotto «Langweilig, aber gut». Mit dem Verzicht auf eine eigene Initiative dürfte es für die BDP im Wahlherbst nicht einfach werden, mit der Klimafrage zu punkten. Politisches Gewicht: 7 Sitze im Nationalrat, 1 Sitz im Ständerat. Klimapolitik der BDP: ogy.de/bdp-klima FDP vor grünem Kurswechsel 78 Prozent der FDP-Mitglieder wünschen sich mehr Engagement der Partei für Umwelt und Klima. Dies zeigt eine parteiinterne Umfrage, die FDP-Präsidentin Petra Gössi in Auftrag ge- geben hat. So spricht sich die Basis etwa für eine Abgabe auf Flugtickets aus und ist zudem dafür, dass die Schweiz die CO 2 -Emissionen mehrheitlich im Inland reduziert. Gegen beide Anliegen hatte sich die FDP-Fraktion im Par lament bislang gesperrt. Zunächst soll der Kurswechsel in ein neues Positionspapier münden, das Forderungen zu den Bereichen Wohnen, Verkehr, Arbeit/Bildung und Natur enthält und als Richtschnur für die FDP-Politik der nächsten Jahre dienen soll. Offen bleibt, ob der Kurswechsel der Partei bei den nationa- len Wahlen grünen Rückenwind verleihen wird. Politisches Gewicht: 33 Sitze im Nationalrat, 13 Sitze im Ständerat, 2 Sitze im Bundesrat. Klimapolitik der FDP: ogy.de/fdp-klima SVP warnt vor «Klimahype» Bei der SVP steht die Klima- und Umweltpolitik nicht zuoberst auf der Prioritätenliste. Die Partei positioniert sich vielmehr als Gegenpol zum «Klimahype», der zu einem «linken Verbotswahn» führe. Die Volkspartei setzt vielmehr auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortung. Sie wehrt sich gegen jegliche neuen Abgaben und Gebühren, befürwortet aber in der Klima- und Umweltpolitik steuerliche Anreize, zum Beispiel bei Gebäude sanierungen. Insbesondere lehnt die SVP einen Alleingang der Schweiz bei der Halbierung der CO 2 -Emissionen bis 2030 ohne international verbindliche Beschlüsse aller Staaten ab. Im Hinblick auf die nationalen Wahlen vom 20. Oktober setzt die SVP auf nicht-grüne Wählerschichten und positioniert sich dabei als Lobby für Autofahrer und gegen Beschrän- kungen der Mobilität. Politisches Gewicht : 66 Sitze im Nationalrat, 5 Sitze im Ständerat, 2 Sitze im Bundesrat Klimapolitik der SVP : ogy.de/svp-klima mitmachen.» Noch mehr würde sie der Bewegung zutrauen, wenns auf nationaler Ebene ein Stimmrecht ab 16 Jahren gäbe. Mit 16 seien viele poli- tischwesentlich interessierter alsmit 20, sagt sie: «In der Schulewird unsere Mündigkeit gefördert. Viele Jugendli- che sind mega gut orientiert.» Kaum aus der Schule, fehle aber jegliche «Bühne», die eigene Mündigkeit wei- terzuentwickeln. Da verfliege die Mo- tivation, ampolitischen Leben zu par- tizipieren, recht rasch. Die FDP korrigiert, die SVP hofft Die beiden grössten bürgerlichen Par- teien, SVP und FDP, reagieren ganz unterschiedlich auf das Phänomen Klimastreik und dessen Breitenwir- kung. FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi will gestützt auf eine Befragung der Basis der wirtschaftsliberalen Par- tei einen grünen Kurs verpassen. So fordert neu auch die FDP eine CO 2 -Ab- gabe auf Benzin und Diesel. Doch Gössi spürt Gegenwind. So stichelte Parteileitungsmitglied Christian Wasserfallen, die «Umfärbung» einer Partei bringe nichts.Wer grünwählen wolle, gebe lieber «dem Original» die Stimme, also den Grünen. Weit kniffliger ist die Lage für die SVP. Ihr nähme man die plötzliche Grünfärbung nicht ab. Also setzt sie zuerst aufs Prinzip Hoffnung: Man be- halte denKurs bei, denn imHerbst sei das Klimathema jawomöglichwieder vom Tisch, versicherten SVP-Expo- nenten nach den verlustreichen Kan- tonswahlen. Das glaubt zumindest ein Teil der traditionellen Basis – etwa die vomKlimawandel herausgeforderten Bauern – aber gar nicht. Die SVP- Spitze ist deshalb dazu übergegangen, sich dezidiert gegen die Klimajugend
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