Schweizer Revue 4/2019

Schweizer Revue / Juli 2019 / Nr.4 9 CVP als Mehrheits- beschafferin Als einzige bürgerliche Bundesratspartei hat die CVP letztes Jahr im Nationalrat griffige Massnahmen im CO 2 -Gesetz unterstützt. Grüne Anliegen hat sich die Partei schon früher auf die Fahne geschrieben – zuletzt mit der Unter- stützung der Energiewende. Nach dem Schei- tern des CO 2 -Gesetzes im Nationalrat will die Partei nun eine führende Rolle für eine neue mehrheitsfähige Vorlage übernehmen. Im Hin- blick auf den Wahlherbst punkten will die CVP als «einzige bürgerliche Partei, die sich konse- quent für den Umweltschutz einsetzt». Damit grenzt sie sich von SVP und FDP ab, die bisher nichts von CO 2 -Reduktionszielen im Inland wissen wollten. Auch unterstützt die CVP die Abgabe auf Flugtickets sowie finanzielle An­ reize für die Isolation von Häusern oder den Ersatz von Ölheizungen, um die Klimaziele zu erreichen. Politisches Gewicht: 41 Sitze im Nationalrat, 13 Sitze im Ständerat, 1 Sitz im Bundesrat. Klimapolitik der CVP: ogy.de/cvp-klima SP für ökologischen Umbau Die SP will die Energiewende schneller voran- treiben, damit die Schweiz bis 2045 klimaneut- ral wird. Gefordert wird deshalb ein rascher und sozial verträglicher Ausstieg aus den fossilen Energien. Auch der Finanzplatz soll klimafreundlich werden. «Es darf kein Rappen mehr in Öl und Gas investiert werden.» Der ökologische Umbau soll dank Förderung er- neuerbarer Energien rund 40 000 neue Stellen schaffen. Diese Ziele will die Partei im Parla- ment mit zahlreichen Vorstössen erreichen. Die SP unterstützt zudem die sogenannte Glet- scher-Initiative, die den Klimaschutz in der Verfassung verankern will und die Umsetzung der Ziele des Pariser Klimaübereinkommens fordert. Im Hinblick auf die Wahlen wird es für die SP angesichts des Höhenflugs der Grünen nicht einfach, mit dem Klimathema zu punkten. Politisches Gewicht: 43 Sitze im Nationalrat, 12 Sitze im Ständerat, 2 Sitze im Bundesrat. Klimapolitik der SP: ogy.de/sp-klima Grüne mit Greta-Rückenwind Naturgemäss gehört der Umwelt- und Klimaschutz zum Kern grüner Poli- tik. Priorität für die Grünen hat weiterhin ein griffiges CO 2 -Gesetz. Dabei fordern sie einen Ausbau der Gebäudesanierungen und eine Erhöhung der CO 2 -Abgabe. Auch sollen Landwirtschaft und Finanzsektor zum Klima- schutz beitragen. Die Grünen fordern zudem weltweite Klimagerechtigkeit: Die Schweiz soll für eine verursachergerechte Finanzierung der Schäden des Klimawandels sorgen. Bei kantonalen Wahlen konnten die Grünen bislang am stärksten vom «Greta-Effekt» profitieren. Ob dieser Höhenflug im Herbst auf nationaler Ebene eine Fortsetzung findet, hängt auch davon ab, ob die Klimafrage weit oben auf der politischen Agenda verbleibt. Auf jeden Fall haben die Grünen die Wahlen 2019 vorsorglich zur «Klimawahl» erklärt. Politisches Gewicht: 11 Sitze im Nationalrat, 1 Sitz im Ständerat. Klimapolitik der Grünen: ogy.de/gps-klima GLP setzt auf Cleantech Als klassische Umweltpartei sehen sich auch die Grünliberalen GLP im Aufwind. Beim Klimaschutz will die Partei die Schweiz zu einer Vorreiterin machen – durch Innovation und Wettbewerb. So soll die Schweizer Wirt- schaft auf Cleantech setzen. Dadurch könnte eine «riesige Exportbranche» entstehen, da das Pariser Klimaabkommen auch in anderen Ländern umgesetzt werden muss. Beim CO 2 -Gesetz setzt sich die Partei dafür ein, dass ein grosser Teil der Emissionen in der Schweiz kompensiert wird. Massnahmen braucht es aus Sicht der GLP nicht nur bei Gebäudesanierun­ gen, sondern auch beim Strassen- und Flugverkehr, die bisher verschont worden seien. Wie die Grünen definieren die Grünliberalen die nationalen Wahlen vom Herbst als Schlüsselwahl – unter dem Wahlkampfmotto: «Es ist Zeit.» Politisches Gewicht: 7 Sitze im Nationalrat. Klimapolitik der GLP: ogy.de/glp-klima zu stellen und sich neu als letzte Par- tei zu empfehlen, die konsequent für die Interessen der Autofahrer kämpft. Parteipräsident Albert Rösti diagnos- tiziert seither bei der Klimajugend «pseudoreligiöse Züge». Und der Zür- cher Nationalrat Roger Köppel drückt in Interviews sein Mitleid mit der Klimajugend aus: Sie sei von «linken Klimaideologen» instrumentalisiert, dienten einer «rotgrünen Umweltdik- tatur» zu, die den sozialen Frieden be- drohe. Köppel: «Ein Skandal ist, dass unsere Lehrer ihre Schüler an diese politisch ferngesteuerten Klimade- monstrationen schleppen.» Ist Wirada Läderach ferngesteuert und pseudoreligiös verblendet? Sie sagt, solche Angriffe machten sie sprachlos: «Es ist doch eine Tatsache, dass wir jetzt handeln müssen, weil sonst die ganz fatale Entwicklung droht.» Aus ihrer Sicht ist an den Vor- würfen einiges suspekt. Zuerst werfe man der Jugend kollektiv vor, sie sei politisch desinteressiert und apa- thisch: «Und jetzt, wo sie ihr eigenes Thema gefundenhat, wirdden Jugend- lichen vorgeworfen, sie seien fernge- steuert.» Vielleicht provoziere die Be- wegung so stark, «weil sie selber denkt». «Nicht bloss als Familien-Hobby» Auch das gehört zum Bild: streikende Teenies mit dem wenig klimafreund- lichen Beef-Burger in der einen und der Cola in der Wegwerfdose in der anderen Hand. Wie steht es ums Kon- sequentsein? Er kenne solche Ein- wände zur Genüge, sagt Linus Dolder. Aber: «Es kann doch nicht sein, dass man perfekt sein muss, um seine Stimme erheben zu dürfen.»Wer sich zur Klimabewegung bekenne, begebe sich auf einenWeg: «Genau das ist ent- scheidend.» Letztlich gehe es um die eigene Authentizität: «Ich kann nicht amFreitag amKlimastreik teilnehmen und am Samstag in die Ferien jetten.» Sein Ansatz: Veränderung einfor- dern und selber Veränderung vorneh- men. Er sei aus ökologischen Überle- gungen Vegetarier geworden, sagt Li- nus Dolder: «Inzwischen kocht meine Mutter nur noch vegetarisch.» Als «Vegi» outet sich auch Wirada Läde

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