Schweizer Revue 5/2019
Schweizer Revue / September 2019 / Nr.5 3 Wer dieses Jahr die Schweiz besucht hat, wird es be- merkt haben: Das Gedränge in den Zentren der tou- ristischen Destinationen ist heuer so dicht wie noch nie. Luzern ächzt angesichts der Grenzerfahrungen mit mehrtausendköpfigen Reisegruppen. Am Limit ist auch Interlaken. Etliche Bergbahnen sind an gewis- sen Tagen so voll wie eine grossstädtische Metro zur Hauptverkehrszeit. Im Schwerpunkt dieser «Revue» wird klar: Die Beobachtung stimmt. Die Schweiz lernt gerade den Begriff «Overtourism» kennen. Schöne Städte erfahren also, wie es sich anfühlt, wenn die eigene Rolle unbedeutend wird, weil der heimatliche Ort zur reinen Kulisse für eine hektische, touristische Parallelwelt wird. Einer der Treiber dieser Entwicklung ist die Eile. Können sich die stark wachsendenGästegruppen aus Fernost «Europa in fünf Tagen» leisten, dann bleiben für Zürich–Luzern–Bern–Interlaken–Jungfraujoch–Genf und für die Annäherung andenhiesigenAlltag allerhöchstens 48 Stunden. Das verschärft den Druck auf die Hotspots. Immer mehr Gäste steuern die immer gleichen Orte an und tun dort das Immergleiche, belegt durch immer gleiche Schnapp- schüsse: Nur wer am bekannten Rheinfall, vor der eindrücklichen Kappell- brücke und auf demberühmten Jungfraujochwar, kann damit zuhause punk- ten. «Signalling» nennen Experten dieses Verhalten. Ein moralisches Urteil beinhaltet diese Beobachtung nicht. Schliesslich klappern auch Schweizerinnen und Schweizer die Welt nach ähnlichem Muster ab. Von Eiffelturm bis Taj Mahal, von Freiheitsstatue bis Uluru: Das Bekannte liefert Bestätigung undOrientierung. Reisen abseits gängigerWeg- marken ist fordernder. Die Erfahrung des Unbekannten lässt sich weniger gut teilen. Reisen, ohne «Trophäen» zu sammeln, mussmanwohl erst lernen. Übrigens: Abseits der Hotspots ist selbst das kleine Reiseland Schweiz ein oft sehr beschaulicher Flecken Erde. Ich habe die These kurz überprüft: den Rucksack gepackt, ein paar Tage durch die Voralpen gewandert, vor Bauern- höfen gezeltet, die müden Füsse im Fluss gebadet. Von «Overtourism» weit und breit keine Spur. Die verbleibenden sechs Zeilen widmen wir den nahenden Wahlen. Die Fünfte Schweizwird diesmal von den politischen Parteien innig umwor- ben. Gleichzeitig sind die politischen Rechte der Auslandschweizerinnen und -schweizer unter Druck. Spannungsreicher könnte die Ausgangslage nicht sein.Wir haben den Parteien auf denZahn gefühlt: Ihre Antworten auf unsere Fragen liefern spannende Einblicke. MARC LETTAU, CHEFREDAKTOR Editorial 4 Briefkasten 6 Schwerpunkt Der Tourismus boomt, an den Hotspots der Schweiz wirds eng 10 Politik Da brauchts Geduld: Der Weg zum EU-Rahmenvertrag bleibt holprig 12 Gesehen Wie der Mond die künstlerische Fantasie beflügelt 14 Gesellschaft Ein Bahnprojekt befreit die Stadt Genf 16 Literaturserie Wenn Albert Bächtold schreibt, sprechen Russen Klettgauer Dialekt Nachrichten aus Ihrer Region 17 Politik / Wahlen 2019 Den Parteien auf den Zahn gefühlt: Die grosse Wahlumfrage 22 Wirtschaft Die Schweiz ist ein Eldorado für die Blockchain-Technologie 24 ASO-Informationen Auslandschweizer-Kongress in Montreux 28 news.admin.ch Standortbestimmung in Sachen E-Voting 30 Gelesen / Gehört 31 Herausgepickt / Nachrichten Inhalt Die Schweiz in 48 Stunden Titelbild: Chinesische Gäste auf dem Titlis. Foto Keystone Herausgeberin der «Schweizer Revue», dem Informationsmagazin für die Fünfte Schweiz, ist die Auslandschweizer-Organisation (ASO).
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