Schweizer Revue 6/2019
Schweizer Revue / November 2019 / Nr.6 3 Doch, doch, wir wenden uns gleich den Eidgenössi schen Wahlen vom 20. Oktober 2019 zu. Aber erst werfen wir einen Blick aufs Gebäude, in dem schwei zerische Politik gemacht wird. Haben Sie gewusst, dass die stolze Kuppel des 1902 errichteten Bundes hauses zunächst kupferrot leuchtend war? Über vier Jahrzehnte hinweg verwitterte das Kupfer langsam. Die Kuppel erhielt nach und nach eine türkisgrüne, grünspangrüne Patina. Als sie 2007 renoviert werdenmusste, verwendeten die Handwerker dazu künstlich gealtertes Kupfer. Ziel des Tricks war es, das vertraute Bild zu erhalten, an das sich die Schweiz so sehr gewöhnt hatte. Nicht vertraut, sondern grundlegend neu ist, was sich unter dieser Kup pel tut: Hier tagt künftig ein Parlament, das so grün ist wie keines je zuvor. Denn: Die ökologisch ausgerichteten Kräfte haben am 20. Oktober mächtig zugelegt. Superlative sind beim Beschrieb schweizerischer Politik selten an gezeigt. Diesmal darf man sie verwenden: Der Umbruch hat historische Aus masse. Keine Partei legte in den letzten 100 Jahren an einemWahltag mehr Sitze zu, als dies die Grüne Partei Schweiz diesmal tat. Dazu kommen die Er folge der liberalen grünen Kräfte. Die politische Grünfärbung erfolgte sehr viel rasanter als der gemäch liche Oxydationsprozess auf der Bundeshauskuppel. Der Umbruch begann, als die Wahlzettel noch gar nicht gedruckt waren. Das bisherige Parlament rang sich nämlich mehr und mehr zu umweltpolitischen Positionen durch, die man ihm zu Beginn der Amtszeit niemals zugetraut hätte. So stimmte der Nationalrat imHerbst für eine Klimaabgabe auf Flugtickets. Ein Jahr zu vor hatte sich der gleiche Nationalrat vehement gegen diese klimapolitische Lenkungsabgabe gestemmt. Das Beispiel zeigt: Die Sorgen angesichts der immer unübersehbareren Folgen des Klimawandels sind impolitischen All tag angekommen. Die politische Suche nach Wegen – nach Auswegen – hat eingesetzt. Sie interessieren sich nicht für Wahlen? Dann interessiert Sie vielleicht, wie sehr die schweizerische Tugend – das Sparen – unter Druck gerät, weil die Banken auf Sparguthaben praktisch keinen Zins mehr gewähren. Wer tüchtig spart, muss seine Bank fürs Hüten des eigenen Vermögens gar ent schädigen. Die Angst vor Negativzinsen beschäftigt in der Schweiz viele.Wie darauf zu reagieren ist, weiss so genau niemand. Auch die «Schweizer Revue» hat kein Rezept. Aber immerhin beschreibt sie das Phänomen auf Seite 16 dieser Ausgabe ganz griffig – und hoffentlich mit Erkenntnisgewinn. MARC LETTAU, CHEFREDAKTOR Editorial 5 Briefkasten 8 Schwerpunkt Wahlen 2019: Die Umwälzung im Parlament hat historisches Ausmass 10 Wissen Im ersten Sternenpark der Schweiz wird die Nacht erforscht 13 Gesellschaft Dunkle Geschichte: Die Schweiz sperrte Arme und Unangepasste ein Rekordtiefe Zinsen: Schwere Zeiten für Schweizer Sparschweine 18 Wirtschaft Weil Nuklearstrom zu teuer ist, legt die Schweiz erstmals ein AKW still 20 Gesehen 22 Politik 28 Kultur Schweizer Bücherherbst: Die Lesetipps der «Revue» 30 ASO-Informationen 35 Aus dem Bundeshaus 38 Herausgepickt Dieses Lachen! Schauspielerin Lilo Pulver feiert ihren 90. Geburtstag 39 Nachrichten Die Schweizer Nobelpreisgewinner sind Entdecker ferner Planeten Inhalt Unter der Bundeshauskuppel wirds deutlich grün Titelbild: Das Bundeshaus am Wahltag, Cartoon von Max Spring, Bern, www.maxspring.ch Herausgeberin der «Schweizer Revue», dem Informationsmagazin für die Fünfte Schweiz, ist die Auslandschweizer-Organisation (ASO).
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