Schweizer Revue 2/2020

Schweizer Revue / April 2020 / Nr.2 10 Politik THEODORA PETER Mit der Volksinitiative «Für einemassvolle Zuwanderung» will die SVP erreichen, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländer eigenständig regelt. Dies sei «für jedes unabhängige und wirtschaftlich erfolg- reiche Land eine Selbstverständlichkeit», schreibt die Volkspartei. Die «massive» Einwanderung verdränge Ein- heimische vomArbeitsmarkt, verknappe den Lebensraum und belaste die Sozialversicherungen. Eine Annahme der Initiative hätte zur Folge, dass die Schweiz das bilaterale Abkommen über die Personenfrei- zügigkeit mit der EU entweder neu verhandeln oder kün- digen muss. Bei einemWegfall der Personenfreizügigkeit verlören rund 450 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger das Recht, in der Schweiz eine Stelle und eineWohnung zu suchen. Umgekehrt würde dies aber auch Schweizerinnen und Schweizer treffen, die in einem EU-Land arbeiten wollen. Die SVP lancierte 2018 die Initiative als Reaktion auf die aus ihrer Sicht nicht umgesetzte «Masseneinwande- rungsinitiative». Diese war im Februar 2014 vom Stimm- volk mit 50,3 Prozent Ja angenommen worden und verlangte die Festlegung von Höchstgrenzen und Kontin- genten. Das Parlament tat sich in der Folge schwer mit einer buchstabengetreuen Umsetzung, weil die verlangte Begrenzung der Zuwanderung rechtlich nicht mit den Bi- lateralen Verträgen vereinbar ist. Schliesslich beschloss das Parlament lediglich eine Stellenmelde- und Intervie- wpflicht der Unternehmen zugunsten inländischer Arbeit- nehmer. Die SVP warf dem Parlament deshalb einen «Ver- fassungsbruch» vor. Die europäische Gretchenfrage Damals wie heute stellt sich die Gretchenfrage: Wie hat es die Schweiz mit der EU? Sowohl in den Jahren 2000 wie 2009 hatte sich das Stimmvolk jeweils deutlich hinter die bilateralen Abkommen mit der EU gestellt. Mit ihrem er- neuten Angriff auf die Personenfreizügigkeit steht die SVP politisch isoliert da. Alle anderen Parteien sowie die Wirt- Showdown zu den Bilateralen Soll die Schweiz die Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union (EU) aufgeben? Dies verlangt die SVP mit einer Initiative, über die am 17. Mai abgestimmt wird. Das Volksverdikt wird zum Grundsatzentscheid zum künftigen Verhältnis der Schweiz mit Europa. Händeschütteln zwi- schen EU-Kommissar Johannes Hahn (links) und Bundes- rat Ignazio Cassis am WEF in Davos. Cassis’ Lesart des Treffens: Die EU zeige Verständnis für die abwartende Hal- tung der Schweizer Regierung. Foto: Keystone

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