Schweizer Revue 2/2020
18 Schweizer Revue / April 2020 / Nr.2 Reportage STÉPHANE HERZOG Eine Strasse und eine Bahnstrecke verbinden das von Nordwinden ge- schützte und gegen Süden gerichtete Bergdorf mit dem Tal. Bewohnt wird es von alteingesessenen Berglern und Expats aus aller Herren Ländern. Einige dieser Expats haben sich hier – auf 1300 Metern über Meer – dauer- haftniedergelassen. Das ist Leysin, ein Dorf, das im 19. Jahrhundert bekannt wurde. Nachdem sie die Höhensonne gespürt und die saubere Bergluft ge- schnuppert hatten, prägten damals Unternehmer hier eine neue Wirt- schaft – ausgehend vom Kampf gegen die Tuberkulose. Sie bauten amsteilen Abhang, der das Dorf überragt, Hö- henkliniken. Erst das Penicillin setzte dieser Ära ein Ende. Nach einer Flaute in den 1950er- und 1960er-Jahren wurden die Sanatorien zu Privatschu- len umgebaut. «Es ist kein Ort, an dem man zu fällig vorbeikommt, sondern man kommt gezielt hierher», sagt Chris- toph Ott, der zusammen mit seinem Bruder die Leysin American School (LAS) leitet. Die Schule für Kinder wohlhabender Familien – die Schulge- bühren betragen 100000 Franken pro Jahr –wurde von ihrenGrosseltern ge- gründet, die aus North Dakota hier- herkamen. Insgesamt sind rund ein Viertel der 4000 Einwohner Leysins junge Ausländerinnen undAusländer. Sie verteilen sich auf die drei grossen internationalen Schulen des Kurorts: Leysin, das abgeschiedene Bergdorf mit 57,7% Ausländeranteil Keine Schweizer Gemeinde hat einen höheren Ausländeranteil als Leysin. Mit seinen zu internationalen Schulen umgebauten ehemaligen Sanatorien bildet der Kurort eine Oase der kulturellen Vielfalt. Höher, weiter, schnel- ler, schöner? Auf der Suche nach den etwas anderen Schweizer Rekorden. Heute: die Schweizer Gemeinde mit dem höchsten Ausländeranteil. e trem Schweiz Typisch Leysin: Schülerinnen und Schüler aus der Ferne machen einen Viertel der Bevölkerung aus. Fotos Niels Ackermann die LAS, die japanische Schule Kumon und die Swiss Hotel Management School (SHMS). Jean-Daniel Champa- gnac, SP-Vertreter im Gemeinderat, beschreibt diese 1000 Schülerinnen und Schüler als «Langzeittouristen». Ihre Anwesenheit generiert etwa 25% des BIP der Gemeinde, schätzt Ge- meindepräsident Jean-Marc Udriot. Studentisch und von der Umwelt abgekapselt Die asiatische, afrikanische, arabische, russische und angelsächsische Schü- lerschaft mischt sich kaum unter die Bevölkerung. Die Schulen organisie- ren alles für sie, und Ausflüge ausser- halb des Dorfes sind eher selten. Alko-
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