Schweizer Revue 3/2020

Schweizer Revue / Juni 2020 / Nr.3 18 Reportage sagt Zihlmann. Das ist eher untypisch, denn schweizweit geht die Zahl der Metzgereien zurück. Die Fleischbran- che hat Mühe, Nachwuchs zu finden. Fleischfachmann oderMetzgerinwer- den, das will kaummehr jemand. So viel Rindvieh wie sonst nirgends Dass sich in EscholzmattundMarbach trotzdem zwei Metzgereien und ein kleiner Schlachtbetrieb ganz gut hal- ten können, ist gleichwohl keinZufall: Die rund 100 km 2 grosse Gemeinde Escholzmatt-Marbach inmitten des Entlebucher Unesco-Biosphärenatur- parks weist den grössten Rindviehbe- stand der Schweiz auf. 7821 der wie- derkäuenden Vierbeiner leben hier, verteilt auf die zahlreichen Bauern- höfe in den beiden Dörfern mit ihren insgesamt 4450Einwohnerinnen und Einwohnern. Ein Drittel lebt hier von der Land- wirtschaft, zum Beispiel auch die Familie Duss. Sie wohnt auf einem Bauernhof amRande vonEscholzmatt, eingebettet zwischen zwei markanten Hügelzügen. Die Kühe und Rinder grasen problemlos an den steilenHän- gen. Ackerbau indes, das geht hier kaum. Den Hof nebenbei führen ist normal Franziska Duss steht vor dem Lauf- stall hinter demWohnhaus. Eine der Kühe schiebt neugierig denKopf über den Zaun vor dem Stall. Noch immer sind die Tiere hier keine Nummern, denn jedes trägt einenNamen: «Das ist Adèle, unsere Älteste», sagt Franziska Duss. 44Kühe, Rinder undKälber der Rasse Brown Swiss gehören zumVieh- bestand auf demHof. Franziska Duss ist Agronomin, arbeitet als landwirtschaftliche Bera- terinund Lehrerinund führt daneben den Betrieb, den sie von ihrem Vater übernommen hat. «Ich bin eine typi- sche landwirtschaftliche Vertreterin dieser Region. Die meisten Landwirte undLandwirtinnen führendenHof als Nebenerwerb», sagt Franziska Duss. Die Familie lebt aber nicht nur von der Fleisch-, sondern auch von der Milchproduktion – und von Erdbee- ren. In zwei riesigen Plastiktunnels befinden sich endlos lange Erdbeer- plantagen. «Ich möchte aus meinem Betrieb das Maximum herausholen, deshalb ist es wichtig, dass ich nicht nur auf einenProduktionszweig setze», sagt Franziska Duss. Möglichst viel- seitig zu sein, findet sie, sei für alle landwirtschaftlichen Betriebe sinn- voll. Bauernhöfe mit nur einem einzi- gen Betriebszweig sind in der Schweiz denn auch selten, wie es in einem For- schungsbericht des Bundes heisst. Fleisch, das nicht von Tieren stammt Ist diese Vielseitigkeit auch deshalb wichtig, weil ein Betriebszweig klei- ner werden könnte – nämlich der Zweig Fleischproduktion? Zumindest prognostizieren das die Autoren der internationalen Unternehmensbera- tung A.T. Kearney in ihrer Studie «How will Cultured Meat and Meat Alterna- tives disrupt the Agricultural and Food Industry» – wie werden Kunst- fleisch und Fleischalternativen die Landwirtschaftumkrempeln?Gemäss Kearney sollen bereits 2040 nur noch 40 Prozent der konsumierten Fleisch- Metzger Patrick Zihlmann kennt alle Händler, die ihm Vieh liefern, persönlich. Und Bäuerin Franzis- ka Duss, hier mit Kuh Adèle, kennt jedes Tier mit Namen. Fotos Danielle Liniger

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