Schweizer Revue 3/2020
Schweizer Revue / Juni 2020 / Nr.3 31 SBB mit Rekordzahlen – und einem tiefen Fall Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) transportierten letztes Jahr so viele Fahrgäste wie noch nie: 1,32 Millionen pro Tag. Gleichzeitig sind die Rekordzahlen schon verblasst: Wegen der Corona-Krise brach das Passagieraufkommen ab Anfang März 2020 völlig ein. Der Fahrplan wurde mas- siv ausgedünnt. Etliche Verbindungen in Nachbarländer wurden ganz eingestellt. (MUL) Wärmster Winter seit 1755 Das Observatorium in Binningen (BL) erfasst seit 1755 Kli- madaten und ist die älteste Messstation der Schweiz. Im Winter 2019/2020 stellte das Observatorium fest, was auch den viel jüngeren Messstellen nicht entgangen war: Der Winter 2019/2020 war in der Schweiz der wärmste seit Messbeginn. Er war 3,1 Grad wärmer als der Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010. Im «frostigen» Februar 2020 wur- den in Binningen bis zu 20 Grad Celsius gemessen. (MUL) Schweizer Bauern leiden wegen Mäuseplage Wühlmäuse wollenwarmeWinter: Sie finden somehr Fut- ter und vermehren sich viel schneller. In einigen Regio- nen der Schweiz ist imFrühling 2020 die Dichte auf bis zu 250Wühl- respektive Schermäuse (Arvicola) pro Hektare Kulturland angestiegen. Agrarfachleute rechnen bei über 300 Tieren jeweils mit einem Totalschaden für die ange- bauten Kulturen. Besonders betroffenwar das luzernische Entlebuch. (MUL) Curdin Orlik will «endlich frei sein» Der erfolgreiche Schweizer Schwinger Curdin Orlik (27) steht nun öffentlich zu seiner Homosexualität. Er ist der erste aktive Schweizer Spitzensportler, der seinComing-out wagt. Das ist bemerkenswert, weil die Schwingerszene als besonders wertkonservativ und traditionsbewusst gilt. Or- lik gab an, er habe zu lange verdrängt, wer er wirklich sei, und wolle nun «endlich frei sein». Er unternehme den Schritt auch, weil er seinen eigenen Sohn nicht belügen wolle. (MUL) Wachsende Kriegsmaterialexporte Weltweit steigen die Rüstungsexporte, auch jene aus der Schweiz. Mit Bewilligung des Bundes haben 2019 Schwei- zer Firmen Kriegsmaterial im Wert von 728 Millionen Franken an über 70 Länder verkauft. Das ist 43 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Parlament regt sich Widerstand gegen die Bewilligungspraxis des Bundes. Die Kritik dürfte anhalten, denn gemäss Recherchen der «Neuen Zürcher Zeitung» werden zunehmend auch kriegführende Länder mit Rüstungsgütern aus der Schweiz beliefert. Mehr dazu: ogy.de/exports (MUL) Tidjane Thiam Kann sich ein Überflieger afrikanischer Herkunft aus gutemHaus in Zürichs verfilzter Bankenwelt durchsetzen? Am 14. Februar wurde der CEOder Credit Suisse, Tidjane Thiam, zumRücktritt gezwungen. SeinAbgang folgte auf eine Reihe von Informationslecks in Bezug auf Beschattungen, die von der Bank angeordnet wordenwaren. Der CEO soll über diese Praktiken nicht im Bild gewesen sein, die einige als gang und gäbe imUnternehmen beschrieben hatten. Obwohl das Ende der Geschichte bereits bekannt war, präsentierte Thiam die Jahresbilanz der Credit Suisse und gab ein Reingewinn- wachstum von 70% im Jahr 2019 bekannt. Dadurch wurde klar, dass das Problem an anderer Stelle als in der Führung dieser Bank lag. Nämlich darin, dass Tidjane Thiameine Romanfigur sein könnte. Von fürstlicher Abstammungwird er dank seiner Intelligenz undWillens- kraft vom Ingenieur zum Minister der Elfenbeinküste und schliess- lich König der Londoner City. In seinem Adressbuch stehen Namen wie BarackObama, DavidCameron und François Hollande. Verständ- lich, dass eine schillernde Figur wie der CEO der Credit Suisse sich nicht besonders gut in die graue Tapete der grossen Schweizer Bank einfügt. «Wenn jemand in ein Land kommt, obliegt es, denke ich, dem Ankömmling, die Kultur der anderen zu verstehen», meinte Tidjane Thiam 2015 gegenüber der Tageszeitung «Le Monde». Für die Credit Suisse, diesemgleichwohl eher internationalen als schweizerischen Unternehmen, musste es jetzt jemand sein, der «schweizerischer» ist. Die Antwort ist Thomas Gottstein, einMann aus dem Schweizer Geschäft der Bank. Dies also ist das Profil mit Schwei- zer Kreuz, das der Verwaltungsrat letztlich aus dem Hut zog, um Thiam zu ersetzen. STEPHANE HERZOG Herausgepickt Nachrichten
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