Schweizer Revue 4/2020

Schweizer Revue / Juli 2020 / Nr.4 28 news.admin.ch Die grösste Rückholaktion in der Geschichte der Schweiz Die Corona-Pandemie hat die Welt in eine Krise von ungeahntem Ausmass gestürzt. Stark betroffen waren auch sehr viele Schweizerinnen und Schweizer im Ausland. Wie half ihnen das EDA auf dem Höhepunkt der Krise? JOHANNES MATYASSY* Seit ich vor rund zwei Jahren die Lei- tung der KonsularischenDirektion im Aussendepartement (EDA) übernom- men habe, beschäftigten mich schon zahlreiche schwierige Fälle, in denen wir in eine Notlage geratene Schwei- zerinnen und Schweizer im Ausland unterstützen konnten. Die Krisenbe- wältigung imZuge der Corona-Pande- mie nahm aber Dimensionen an, wie sie auch für das EDA bis vor kurzem noch kaum vorstellbar waren. Wie aber haben wir die in Not Geratenen konkret unterstützt? Undwie könnte die «neue Normalität» nach dem er- hofften Ende der Pandemie aussehen? Die Ausgangslage Ab dem 16. März 2020 fokussiert sich das EDA auf allen Ebenen auf die Kri- senbewältigung. Damals stufte der Bundesrat angesichts der rasanten Verbreitung des Corona-Virus die Si- tuation neu als «ausserordentliche Lage» ein. Im EDA und bei den Aus- landsvertretungen in China war das Corona-Virus allerdings schon Mo- nate früher eine das Tagesgeschäft prägende Realität. So trafen ab Ende 2019 über die EDA-Helpline immer mehr Anfragen besorgter Bürgerin- nen und Bürger ein. Ab Anfang März 2020 überschattete die Pandemie dann alles andere und diktierte uns ein Engagement von enormer Inten- sität. In aller Leute Mund Mit dem Ausbruch der Krise verän- derte sich der öffentliche Blick auf die bürgernahen Dienstleistungen, die seit jeher einwichtiger Bestandteil der Schweizer Aussenpolitik waren. Nor- malerweise nehmen Medien und das breitere Publikum kaum von diesen Dienstleistungen Notiz. Im Fall der Corona-Krise war es gründlich an- ders: Einerseitswar dieUnterstützung unserer Landsleute über lange Zeit ein breit und bisweilen emotional geführ- tes Gesprächsthema, anderseits er- fuhren viele Tausend Schweizerinnen und Schweizer im Ausland erstmals persönlich und direkt, was die Schweizer Aussenpolitik unter «bür- gernahen Dienstleistungen» versteht. Sichtbar wurde dabei auch, dass das EDA in der Mehrheit der Fälle seine Leistungen nur dank ihres breiten und weltweiten Netzes an Auslands- vertretungen erbringen konnte. Die- ses breite Netz erlaubte es, auf lokale Gegebenheiten angepasste Massnah- men zu ergreifen und unkomplizierte, effiziente Unterstützung zu leisten, ohne dabei das schweizerische Gebot «Eigenverantwortung zuerst!» zu ver- nachlässigen. Blockiert im Ausland Die Krisenmassnahmen des EDA im Zuge der Corona-Krise kamen zwei unterschiedlichen Gruppen von Schweizerinnen und Schweizern zu- gute. Auf Hilfe angewiesen waren etwa Personen, die reisenderweise im Ausland waren und in die Schweiz zu- rückkehren wollten. Im Fokus stan- den aber auch im Ausland lebende Schweizerinnen und Schweizer, die in eine Notlage gerieten, in der es ihnen nichtmehrmöglichwar, sich selbst zu helfen. In der ersten Phase der Krise ging es also darum, die im Ausland blo- ckierten Reisenden bei der Rückkehr an ihrenWohnort zu unterstützen. Zu Beginn der Krise war die selbststän- dige Rückreisemittels kommerzieller Flüge in der Regel noch möglich. Wo nötig, standen die Schweizer Vertre- tungen den Reisenden informierend und unterstützend zur Seite. 35 vom EDA organisierte Flüge Die sich verschärfende Krise verun- möglichte aber vielerorts zusehends das eigenständige Ausreisen. Das EDA lancierte deshalb eine Rückholaktion. Was zu Beginn nicht absehbarwar: Sie geht als grösste je durchgeführte Rückholaktion in die Geschichte der Schweiz ein. Der Bund organisierte insgesamt 35 Flüge und brachte rund 4200 Schweizerinnen und Schweizer zurück in die Schweiz. Bemerkens- wert ist nicht nur der Umfang der Rückholaktion, sondern auch, dass sie unter massiv erschwerten Bedingun- gen gemeistert wurde. Die erforderli- chen Landerechte zu erhalten oder ge- strandete Personen überhaupt zum Johannes Matyassy: «Viele erfuhren erst- mals, was unsere Aussenpolitik unter bürgernahen Dienst- leistungen versteht.» Foto ZVG Konsularische Unterstützung für Rückreisende am Flughafen Bangkok, Thailand. Foto EDA

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