Schweizer Revue 5/2020

Schweizer Revue / September 2020 / Nr.5 14 Sorgfaltspflicht in anderen Ländern In der Europäischen Union (EU) müssen Unterneh- men seit 2018 Rechenschaft darüber ablegen, wie sie Umweltschutz und Menschenrechte wahren. Die EU-Kommission prüft jedoch eine Verschär- fung der entsprechenden EU-Richtlinie. Auch wird der Ruf lauter nach einem Lieferkettengesetz, das die Konzerne noch stärker dazu verpflichten würde, entsprechende Risiken zu vermeiden. In Deutsch- land stellte die Regierung Ende 2019 ein «Wert- schöpfungskettengesetz» in Aussicht, nachdem ein freiwilliger Aktionsplan von wenig Erfolg ge- krönt war. In Frankreich gilt seit 2017 ein Gesetz zur Sorgfaltspflicht («Devoir de vigilance»), das ebenfalls Haftungsansprüche vorsieht. Weitere europäische Länder planen Gesetze, die von den Unternehmen Sorgfaltsprüfungen gemäss der EU-Richtlinie einfordern. In Grossbritannien wie- derum anerkannte 2019 der oberste Gerichtshof die Zulässigkeit von Klagen gegen Unternehmen wegen Verletzungen von Menschenrechten durch Tochterunternehmen im Ausland. (TP) Webseite der Initiative: www.konzern-initiative.ch Webseite der Nein-Allianz: www.leere-versprechen-nein.ch Diese soll das Image der angeblich skrupellosen Konzerne korrigieren und herausstreichen, wie Schweizer Unternehmen in Entwicklungslän­ dern etwa zur Schaffung von Arbeits­ plätzen beitragen. und bürgerlichen Parteien schiesst die Initiative aber weit über das Ziel hin­ aus. So stösst sich die Luzerner CVP­ Ständerätin Andrea Gmür insbeson­ dere an der «Umkehr der Beweislast». Dass Konzerne bei einer Haftungs­ klage ihre Unschuld beweisen müss­ ten, verstosse gegen Prinzipien des Rechtsstaates und führe zu «erpresse­ rischen Klagen aus dem Ausland». Es gehe nicht an, «Konzerne unter einen Generalverdacht zu stellen», sagt die Politikerin, die im Vorstand der Zent­ ralschweizer Industrie- und Handels­ kammer sitzt. Heisser Herbst Richtig Fahrt aufnehmen dürfte die Abstimmungskampagne Anfang Ok­ tober, sobald Parteien und Verbände denMammut-Urnengang vom27. Sep­ tember (siehe «Revue» 4/2020) bewäl­ tigt haben. Die Initianten können nebst der Unterstützung von SP und Grünen auf den Support eines bürger­ lichen Komitees mit Mitgliedern aus allen Parteien zählen. Zudem setzen die Initianten mit der Gründung von Lokalkomitees in Dörfern und Quar­ tieren auf das Engagement von Frei­ willigen der Zivilgesellschaft. Auf der Gegenseite orchestriert der finanzkräftige Wirtschaftsverband Economiesuisse die Nein-Kampagne. Politik Andrea Gmür: Die Initiative stellt Konzerne unter Gene- ralverdacht und er- möglicht «erpresse- rische Klagen». Foto parlament.ch (siehe Kasten) undwürde bei einer Ab­ lehnung der Initiative an der Urne automatisch in Kraft treten. «Alibi-Gegenvorschlag» Von einem «wirkungslosen Alibi-Ge­ genvorschlag» spricht Dick Marty, Co-Präsident der Konzernverantwor­ tungsinitiative. Der frühere Tessiner Staatsanwalt und FDP-Ständerat moniert: «Wirwissen alle, dass gerade die skrupellosesten Grosskonzerne noch so gerne Hochglanzbroschüren veröffentlichen.» Erst wenn Men­ schenrechtsverletzungenKonsequen­ zen hätten, «werden alle Konzerne anständig wirtschaften», sagt Marty, der sich auf internationaler Ebene als Menschenrechts-Sonderberichter­ statter des Europarates einen Namen machte. Für dieGegner ausWirtschaft Dick Marty: Konzerne wirtschaf- ten dann anständig, «wenn Menschen- rechtsverletzungen Konsequenzen haben». Foto parlament.ch Sowohl Gegner wie Befürworter – hier eines ihrer Transpa- rente – führen einen sehr intensiven Abstimmungskampf. Foto Keystone

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx