Schweizer Revue 5/2020
Schweizer Revue / September 2020 / Nr.5 15 Politik Mit hölzernem Panzer gegen Waffenexporte: Aktivisten der Initiati ve «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialpro duzenten» demonst rieren in Bern (2017). Foto Keystone THEODORA PETER Die Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterial» will Schweizer Investitionen in die Rüstungsindustrieweltweit unterbin- den. Konkret sollen die Nationalbank, Pensionskassen und Stiftungen keine Gelder in Unternehmen stecken dür- fen, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften. Hinter der Initiative stehen die Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA) sowie die Jungen Grünen. Aus ihrer Sicht muss die Schweiz als neutrales Land und Hüterin der Genfer Konventionen da- rauf verzichten, «Profit aus denOpfern von Kriegen zu schlagen». Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative jedoch ohne Gegenvor- schlag ab. Aus Sicht von Wirtschafts- minister Guy Parmelin (SVP) genügen die bestehenden Verbote zur Finan- zierung von atomaren, biologischen, chemischen Waffen sowie von Streu- munition. Die Initiative würde laut Parmelin viele rüstungsferne Unter- nehmen treffen, zum Beispiel eine Glasfirma, die nebst normalen Fens- tern auch solche für Cockpits von Kampfjets produziert. Das Volksbegehren, welches aus- schliesslich vom linksgrünen Lager unterstützt wird, dürfte an der Urne einen schweren Stand haben – wie schon frühere GsoA-Initiativen: 2009 scheiterte eine Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten an der Urne mit rund 68 Prozent Nein-Stimmen deutlich. Gegen Exporte in Konfliktregionen Grössere Erfolgsaussichtenhat die von einem überparteilichen Komitee ge- tragene Volksinitiative gegen Waf fenexporte in Bürgerkriegsländer. Sie verlangt kein absolutes Verbot von Kriegsmaterialexporten – im Gegen- satz zur gescheitertenGsoA-Initiative. Rüstungsindustrie imKreuzfeuer Schweizer Waffenexporte sorgen immer wieder für Kritik. Gleich zwei Volksinitiativen nehmen die Rüstungsindustrie ins Visier. Eine davon kommt am 29. November zur Abstimmung. Hingegen sollen keine Schweizer Waffen in Bürgerkriegsländer oder in Länder gelangen, wo die Menschen- rechte systematisch und schwerwie- gend verletzt werden. Auslöser dieser «Korrektur-Initia- tive» war das Vorhaben des Bundes rates, den Export von Kriegsmaterial in Bürgerkriegsländer zuzulassen, wenn kein Grund zur Annahme be- steht, dass dieWaffen imKonflikt ein- gesetzt werden. Die Regierung wollte damit die Schweizer Rüstungsindus- trie stützen, verzichtete dann ange- sichts heftiger Kritik auf die Locke- rung. Die Initianten möchten aber darüber hinaus einen Parlamentsent- scheid von 2014 rückgängig machen, derWaffenexporte auch in Ländermit systematischer Verletzung der Men- schenrechte zulässt. Der Bundesrat will dem Parlament einen Gegenvor- schlag unterbreiten, der den Initian- ten entgegenkommt. Die Allianz gegenWaffenexporte in Bürgerkriegs- länder schliesst einen Rückzug des Volksbegehrens nicht aus, wenn das Anliegen auf demGesetzesweg umge- setzt wird. Ob die «Korrektur-Initia- tive» dereinst an die Urne kommt, bleibt somit vorläufig offen. Verdoppelung der Waffenexporte Im ersten Halbjahr 2020 exportierten Schweizer Unternehmen Kriegsmaterial im Wert von 501 Millionen Franken. Das ist fast doppelt so viel wie in der Vorjahresperiode (273 Mio. Fr.) exportiert wurde. Laut den Behörden sind solche Schwan- kungen nicht aussergewöhnlich und einzelnen Grossaufträgen geschuldet. Auf der Liste der Abnehmer stehen 55 Länder. Grösster Importeur war im ersten Halbjahr Indonesien: Das Land kaufte für 110 Mio. Franken Flugabwehrsysteme. Botswana wiederum beschaffte für 64 Mio. Fran- ken gepanzerte Fahrzeuge. In Europa waren Däne- mark, Rumänien und Deutschland die grössten Abnehmer von Schweizer Kriegsmaterial. (TP)
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