Schweizer Revue 5/2020
Schweizer Revue / September 2020 / Nr.5 19 Kinobesuch mit Jugendlichen Jugendliche gehen heute nicht mehr ins Kino, stellen Schweizer Betreiber und Vertriebsgesell- schaften fest. Der Filmklub «Die Zauberlaterne» zählt in der Schweiz 20 000 Mitglieder und will Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren die Film- kunst nahebringen. Es stellt sich aber die Frage, ob sie auch als Erwachsene Kinoliebhaber bleiben. Die Antwort lautet Nein. «Eine eigenständige kulturelle Praxis kristallisiert sich erst im Alter zwischen 15 und 20 Jahren heraus. Deshalb muss ein Angebot entwickelt werden, das sich an diese Altersgruppe richtet», erklärt Ilan Vallotton, Geschäftsführer der «Zauberlaterne». Aus diesem Grund hat der Verband mit ver- schiedenen Akteuren der Branche #ciné entwickelt, um 14- bis 18-Jährige regelmässig in die Kinos zu locken. Das schweizweit in acht Städten ange- siedelte Projekt überträgt den Jugendlichen die Verantwortung für die Organisation von Kinoevents für ihre Altersgruppe. Einmal monatlich treffen sie sich in einem Kino in ihrer Stadt und zeigen in der Vorpremiere einen Film ihrer Wahl. «Damit soll das Kino zu einem Ort werden, den Jugend liche nach ihren Vorstellungen gestalten können», so Ilan Vallotton. (KR) EMPFEHLUNG Die göttliche Ordnung Petra Volpe (CH, 2017). Nora lebt 1971 in einem beschaulichen Schweizer Dorf. Dorf- und Familienfrieden kommen gehörig ins Wanken, als Nora beginnt, sich für das Frauenstimmrec ht einzusetz en. Stream ing: www.cinefile.ch Trailer: ogy.de/trailer-ordnung EMPFEHLUNG Höhenfeuer Fredi M. Murer (CH, 1985). Der taube Junge und seine Schwester Belli leben auf einem entlegenen Bauernhof. Der Vater weigert sich, den Jungen ins Heim zu bringen. Belli, die Lehrerin werden wollte, muss ihn unterrichten. Die beiden werden unzertrennlich und kom- men sich gefährlich nahe. – Ein berührendes Stück Schweizer Filmgeschichte. Streaming: www .cinefile.ch Trailer: ogy.de/tra iler-hoehen feuer sessel und mit einer Tüte Popcorn an- zuschauen, ist auch eine kollektive Er- fahrung. Barbara Miller, Regisseurin und Präsidentin des Verbands Filmre- gie und Drehbuch Schweiz, unter- streicht, wie wichtig es ist, das Kino als Treffpunkt, aber auch als Ort des Austauschs mit der Öffentlichkeit ins- besondere im Rahmen von Festivals zu erhalten. «Streaming ist eine Reali- tät und gewinnt zunehmend an Be- deutung. Ich hoffe dennoch, dass es nicht die Oberhand gewinnt, denn es wäre ein grosser Verlust für unsere Branche», meint sie. Ein Hoffnungsschimmer Die Regisseurin befürchtet eine Ame- rikanisierung der Filmkunst. Umdem entgegenzuwirken, hofft die Schwei- zer Filmbranche auf eine Änderung des Filmgesetzes, die gerade im Parla- ment diskutiert wird. Nach der Geset- zesänderung sollen Anbieter von On- line-Abruf- undAbonnementdiensten verpflichtet sein, mindestens vier Prozent ihres Bruttoumsatzes in die Schweizer Filmindustrie zu investie- ren oder eine Steuer in gleicher Höhe zu entrichten. Ausserdem sollen die Plattformen auf nationaler Ebene eine Quote von 30 Prozent an europäi- schen Filmen einhalten. «Dadurch wird gewährleistet, dass unabhängige Produktionen ausgestrahlt werden, damit unsere Kultur nicht völlig ver- schwindet. In anderen europäischen Ländernwurden solcheMassnahmen bereits eingeführt und funktionieren sehr gut», fasst Barbara Miller zusam- men. Lokale Streaming-Portale mit Schweizer Filmen im Angebot: www.filmingo.ch/de www.artfilm.ch/de/artfilm-ch www .de.cinefile.ch *KATY ROMY IST REDAKTORIN BEI SWISSINFO. WWW.SWISSINFO.CH
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