Schweizer Revue 5/2020
Schweizer Revue / September 2020 / Nr.5 31 Bundesanwalt Michael Lauber tritt zurück Angesichts des wachsenden politischen Drucks tritt der Chefankläger der Schweiz, Bundesanwalt Michael Lauber, per Ende Jahr zurück. Vorgeworfen wird ihm schwerwie- gendes Fehlverhalten: Lauber ermittelte gegen den Fuss- ballverband FIFA, traf sich aber imGeheimenmit FIFA-Prä- sident Gianni Infantino. Mit dem Rücktritt ist weder die Akte Lauber noch die Akte Infantino vom Tisch: Gegen Lauber läuftweiter einAmtsenthebungsverfahren. Und ge- gen Infantino hat die Schweizer Justiz im Juli ein Strafver- fahren eröffnet. (MUL) Die Schweiz, das neue Auswanderungsland Die Zuwanderung aus der EU ist in der Schweiz ein grosses politisches Thema. ImzweitenQuartal 2020 ist die Schweiz gegenüber der EU aber zum Auswanderungsland mutiert: Die Einwanderung war geringer als die Auswanderung. Zwei Ursachen gelten dafür als ausschlaggebend: die rela- tive Verschlechterung der Wirtschaftslage in der Schweiz sowie die Einschränkung der Einwanderungen imZuge der Corona-Pandemie. (MUL) Fall Crypto: Die Bundesanwaltschaft ermittelt Die Schweizer Crypto AG war jahrzehntelang eine «Spio- nagefabrik» imDienst ausländischer Geheimdienste (siehe «Revue» 3/2020). Nun hat der Bundesrat den Weg freige- macht für ein Strafverfahren: Er erlaubt der Bundesanwalt- schaft zu ermitteln. Der Bundesrat kann Strafverfahren verhindern, wenn er gewichtige staatspolitische Interessen gefährdet sieht. Im Fall Crypto ist er offensichtlich zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist. (MUL) Fall Crypto: Die Folgefirma taumelt Die «Spionagefabrik» Crypto AG existiert nicht mehr. Nun kommt aber das praktisch gleichnamige Nachfolgeunter- nehmen ins Taumeln: Die Crypto International AG (ZG) musste diesen Sommer 80 ihrer 82 Mitarbeiter entlassen. Hauptgrund für diese Entwicklung ist, dass für die Cryp- to-Chiffriergeräte derzeit ein Exportverbot besteht. (MUL) Das Virus stoppt eine Volksinitiative Die gegen das E-Voting gerichtete Volksinitiative «für ein E-Voting-Moratorium» ist vomTisch. Die Initianten geben auf und stoppen die Unterschriftensammlung. Laut dem Initiativkomitee, dem unter anderem die Nationalräte Franz Grüter (SVP) und Balthasar Glättli (Grüne) angehö- ren, erschien es zunehmend unmöglich, fristgerecht 100000 Unterschriften zu sammeln. Erschwerend war, dass auch beim Unterschriftensammeln Abstandsmass nahmen und Hygieneregeln gelten. (MUL) Petra Gössi Kann sie das? Als Petra Gössi 2016 zur Präsidentin der FDP Schweiz gewählt wurde, kannten nur wenige die damals 40-jährige Rechts- anwältin aus dem Kanton Schwyz. Obwohl sie seit fünf Jahren im Nationalrat sass, war Gössi im Bundeshaus nicht als politisches Schwergewicht aufgefallen. Das sollte sich bald ändern: 2017 orchest- rierte sie geschickt dieWahl von FDP-Fraktionschef und Sitznachbar Ignazio Cassis in den Bundesrat. Dann kamdie Klimakrise und trieb auch in der Schweiz Zehntausende Unzufriedener auf die Strassen. Der Zorn der vorab jungen Protestierenden richtete sich auch gegen die FDP, die 2018 zusammenmit der SVP griffige Klimamassnahmen im CO 2 -Gesetz verhindert hatte. Die Wirtschaftspartei stand ausge- rechnet imWahljahr imGegenwind – auch bei einemTeil der eigenen Wählerbasis. Die Präsidentin reagierte auf das Murren mit einem spektakulären ideologischen Kurswechsel. Plötzlich waren für die FDP-Spitze Lenkungsinstrumente wie eine CO 2 -Abgabe auf Flugti- ckets nicht mehr tabu. Ihre internen Kritiker, die Gössi wegen der Kehrtwende Opportunismus vorwarfen, brachte die Präsidentinmit einer Mitgliederbefragung zum Schweigen. Die Basis stützte Gössis Schwenker. In der Folge kam die FDP bei den eidgenössischen Wah- len vom letzten Herbst trotz Erdrutschsieg der Grünen mit einem blauen Auge davon. Zwar verloren die Freisinnigen über einWähler- prozent, doch hatten die Prognosen Schlimmeres befürchten lassen. Seither sitzt die Präsidentin fest im Sattel: Unlängst bestätigte sie die Basis für weitere zwei Jahre an der FDP-Spitze. Inzwischen ist Petra Gössi eine der amtsältesten Parteichefinnen der Schweiz. Die Skepti- ker sind längst verstummt. Ja, sie kann es. THEODORA PETER Herausgepickt Nachrichten Weitere Nachrichten unter www.revue.ch
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