Schweizer Revue 5/2020

Schweizer Revue / September 2020 / Nr.5 7 lassen sich gemäss den Promotoren Maschinen undGeräte in Echtzeit ver- netzen. Dieses «Internet der Dinge» soll unser Zuhause klug machen und der Industrie dienen. 5G ermögliche auch selbstfahrende Autos, Telemedi- zin, virtuelle Realitäten und «Smart Cities»: technologisch vernetzte, kli- mafreundliche Städte der Zukunft. Durch den Vorsprung bei der 5G-Fre- quenzvergabe schickte die Schweiz sich an, zur Pionierin zuwerden. Eine Rolle, in der sich das Land bei techno- logischem Fortschritt gerne sieht. Doch die Offensive wurde ge- bremst. Das 5G-Netz ist zwar inzwi- schen an einigen Orten verfügbar, wenn auchmeist erst in einer Schmal- spurversion. Denn die Betreiber kön- nen nicht so rasch vorwärtsmachen wie geplant. In der Zivilgesellschaft hat sichOpposition gegen 5G formiert. Bürgerbewegungen opponieren ge- gen  Baugesuche für 5G-Antennenmit Einsprachen. Als 5G-kritische Vereine zur nationalen Kundgebung riefen, kamen Tausende nach Bern. In Ge- meinde- und Kantonsparlamenten wurden politische Vorstösse einge- reicht, in Kirchgemeinden wurden 5G-Antennen in Kirchtürmen abge- lehnt. Und obwohl der Bund zustän- dig ist, erliessen Westschweizer Kan- tone 5G-Moratorien für ihre Gebiete. Vereinzelt gab es gar Vandalenakte an Sendemasten – der Maschinensturm des digitalen Zeitalters. «Im Zentrum steht die Gesundheit» Die Kritikerinnen und Kritiker for- dern ein 5G-Moratoriumfür die ganze Schweiz. Sie warnen vor ungeklärten gesundheitlichenGefahren durch die elektromagnetische Strahlung. Sie sorgen sich umOrtsbilder, steigenden Energieverbrauch, die Umwelt. Und sie weisen auf Überwachungsrisiken hin, wenn technische Komponenten aus China eingebaut werden. «Im Zentrumsteht die Gesundheit», unter- streicht Rebekka Meier. Die Solothur- ner Uhrenmacherin ist Vorstands­ mitglied beim Verein «Schutz vor Strahlung». Ihre Befürchtung: Mit der gesteigerten Sendeleistung von 5G nehmen die negativen Effekte der Mobilfunkstrahlung zu, «in einem Mass, das alles Bisherige übersteigt». «Künstliche Bedürfnisse» Die Innovationsversprechen der Tele- kombranche hältMeier fürMarketing: «Da werden künstliche Bedürfnisse erzeugt.» Wegen des «Datenhungers von Einzelnen, die jederzeit hochauf- lösend streamen wollen», dürfe nicht das ganze Land mit solchen Sende- masten überzogen werden. Gewisse sinnvolle Anwendungen wie etwa in der Medizin liessen sich auch strah- lungsarmrealisieren, ist sie überzeugt. Die 5G-Gegnerschaft in der Schweiz ist bunt gemischt. Hier die schwer verständlichen Verschwö- rungstheoretiker , dort die grosse Gruppe jener, die sich explizit von ihnen abgrenzt: Heimat- und Natur- schützer, Konsumkritikerinnen, Digi- talgestresste, Strahlensensible, die Ärztinnen und Ärzte für Umwelt- schutz, linksgrüne und rechtskonser- vative Politikerinnen und Politiker. SP-Nationalrätin Martina Munz (SH) trug deren Bedenken ins Bundespar- lament. Munz sagt, sie sei nicht technolo- giefeindlich. Doch die Schweizmüsse die 5G-Technik mit möglichst gerin- ger Strahlenbelastung einführen: «Acht Prozent der Bevölkerung be- zeichnen sich als elektrosensitiv.» Statt die 5G-Signale jede Mauer durchdrin- gen zu lassen, schliesse die Schweiz die Häuser besser an ein gutes Glasfa- sernetz an, fordert die Nationalrätin. Wie hier in Genf fanden in Schweizer Städten schon etliche Demonstrationen gegen den Mobilfunk­ standard 5G statt. Foto Keystone Der Ausbau auf 5G erfordert schweizweit den Bau neuer Anten­ nen, was vielenorts die Gegner auf den Plan ruft. Foto Keystone

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