Schweizer Revue 6/2020
Schweizer Revue / November 2020 / Nr.6 11 Der Nationalrat tagt seit September wieder im Bundeshaus. Allerdings ist der altehrwürdige Natio nalratssaal zu einem mit 200 Plexiglas kabinen möblierten Ort geworden. Foto Keystone stieg sehr deutlich den Schwellenwert, bis zu dem ein Land laut Weltgesund- heitsorganisationWHOdie Pandemie unter Kontrolle hat. Die Verschnauf- pause war definitiv vorbei, zumal auch Spitaleintritte und Todesfälle wieder zunahmen. Die nationale Co- vid-Task-Force mahnte, die Senkung der Fallzahlen habe nun «höchste Pri- Länder», räumte der Innenminister ein. In der Öffentlichkeit gingen Schuldzuweisungen los. Das dezent- rale föderale System der Schweiz be- währe sich in der Pandemie nicht, der Bundmüsse aus der Reserve kommen und wieder mehr Führung überneh- men, forderten Stimmen inner- und ausserhalb des Parlaments. Tatsäch- schaftlern in der Öffentlichkeit – Aus- druck vonMeinungs- und Forschungs freiheit – trugen auch nicht gerade zu einemklarenKompass in der Bevölke rung bei. Bund undKantone forderten die Bürgerinnen und Bürger auf, die Schutzregeln rigoros einzuhalten, um einen zweiten Shutdown zu verhin- dern. «Es ist wieder fünf vor zwölf», orität». Sei die Nachverfolgung von Kontakten nichtmehrmöglich, drohe der Blindflug. Mangelnde Daten Zwar war erwartet worden, dass die Infektionen in der kälteren Jahreszeit zunehmen könnten, da sich die Men- schen mehr drinnen aufhalten. Doch schon so früh schon so heftig: wie konnte das der einstigenCorona-Mus- terschülerin Schweiz passieren? «Wir stehen heute schlechter da als andere lich handhabten die Kantone etwa die Maskenpflicht in Innenräumen sehr uneinheitlich. Auchbei derWeitergabe der Daten aus demContact-Tracing an den Bund haperte es. So fehlten der Wissenschaft wichtige Grundlagen, umherauszufinden, wo sich die Leute ansteckten. Dazu kam Sorglosigkeit in Teilen der Bevölkerung. Bei der von höchster Stelle verkündeten «neuen Normali- tät» schienen manche vor allem das zweite Wort gehört zu haben. Gegen- sätzliche Einschätzungen vonWissen- mahnte die Bundespräsidentin. Die Schweiz war zurück in der Unsicher- heit, lange bevor der erste Schnee fiel. Familiäre Weihnachtsfeiern könnten doch in den Wald verlegt werden, schlug Epidemiologe Marcel Tanner schon mal präventiv vor. Dieser Beitrag zeigt die Entwicklung bis zum Redaktionsschluss von Mitte Oktober auf. Aktuelle Lagebeurteilungen der Schweizer Covid-Task-Force in drei Sprachen: www.ncs-tf.ch
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