Schweizer Revue 6/2020
Schweizer Revue / November 2020 / Nr.6 21 Literaturserie mit Bändenwie «Herbst in Lappland», «Tundra, Sumpf und Birkenduft», «Am Rande der Arktis», «Näkkälä, jeden Tag», «Geheimnisvoller Norden», «Die Samen und wir» und «Näkkäla. Ein letztes Lied»; der bernischen Heimat und Sprache waren Bücher gewidmet wie «Gfröits u Ùngfröits» (Erfreuliches und Unerfreuliches), «Churzwaare» (Kurz waren), «Rychs Bärndütsch» (Reiches Berndeutsch), «Läbigs Bärndütsch» (Lebendiges Berndeutsch) und «Farbigs Bärn dütsch» (Farbiges Berndeutsch). Die 1996 erschienene Monografie «René Auberjonois» ihrerseits wies auf eine Beschäftigung hin, die angesichts seiner Verbundenheit mit dem Dialekt überraschen muss. Schwaar, der auf dem Umweg über die Künstler, die Charles-Ferdinand Ramuz illustriert hatten, zur Kunst fand, betätigte sich nämlich ab 1947 fast berufsmässig auch als Kunstsammler und hinterliess amEnde eine Sammlung, die 2500 Werke umfasst und sich heute im Besitz der Ge meinde Langnau befindet. Nicht zuletzt auch als Kämpfer für den Dialekt engagierte sich Schwaar bis ins hohe Alter. So lancierte der 88-Jährige 2008 eine Petition, mit der er – trotz der mehr als 13000 Unterschriften – vergeblich dieWiedereinführung der Mundart in den Schulfächern Werken und Turnen sowie ein ei genes Fach «Mundart» forderte. 2005, als Langnau Schwaar das Ehrenbürgerrecht verlieh, sagte der damalige Gemeindepräsident: «Es gibt immerwieder Leute, die in einemBereich undwährend einer gewissen Zeit Bemerkenswertes leisten. Es dürfte aber nur höchst selten vorkommen, dassman eine Person antrifft, die so breit enga giert und unermüdlich gewirkt hat wieHans Ulrich Schwaar – und dies weitgehend ausserhalb des grellen Scheinwerferlichts.» CHARLES LINSMAYER IST LITERATURWISSEN- SCHAFTLER UND JOURNALIST IN ZÜRICH CHARLES LINSMAYER Er hatte in seiner Mundart, dem Oberemmentalischen, Bücher mit Titeln wie «Ghoblets u Unghoblets» (Gehobel tes undUngehobeltes), «Gryymts uÙngryymts» (Gereimtes und Ungereimtes) publiziert, er, der 1920 in Sumiswald ge borene Primarlehrer, Leichtathlet und Orientierungsläu fer Hans Ulrich Schwaar. Ab 1977 hatte er in einer amEnde auf sechs Bände angewachsenen Ausgabe auch das Werk von Charles-Ferdinand Ramuz auf Berndeutsch übersetzt. Eine spektakuläre Leistung, der er 1988 «Di sibe Brüeder», die berndeutsche Fassung des finnischen Klassikers «Die sieben Brüder» von Aleksis Kivi, folgen liess. Wobei es sich umeine Übertragung handelt, die als einzigewirklich voll ständig ist und laut Kennern dem Original näher als jede andere kommt. Coup de Foudre Finnland Und das aus gutem Grund! 1982, nachdem er sich als Leh rer in Langnau im Emmental vorzeitig hatte pensionieren lassen, verliess Schwaar nämlich die Schweiz «fast flucht artig» und entdeckte auf eine von Leidenschaft und Liebe geprägteWeise Finnland für sich. «Erlebtes Finnland» hiess das Buch, in dem er diesen Coup de foudre 1983 beschrieb, eine Bezauberung, die ihn dazu brachte, die nordische Na turwie einenRausch auf sichwirken zu lassen. «Übermäch tig durch Stimmungen spricht sie zu unserer Seele, bewegt unser Innerstes und bereichert esmit unauslöschlichen Er innerungen.» Vor allemdas kleine Volk der lappländischen Samen hatte es ihm angetan, dessen Sagen und Mythen er sammelte undmit dem er als Hausfreund undMitarbeiter des Rentierhalters lisakki-Matias Syväjärvi zu einer leben digen Symbiose fand. In zwei Welten zuhause Im letzten Viertel seines langen Lebens – Schwaar starb 94-jährig in seiner Wahlheimat Äkäslompolo in Finnisch Lappland – lebte er die meiste Zeit des Jahres im hohen Norden, und zwar auch dann noch, als er fast erblindet war und sich ohne Hilfe kaum mehr orientieren konnte. Das Emmental aber liess ihn nie los, und so kam es, dass die späten Titel seines insgesamt 39 Bände umfassendenWerks beiden Welten galten: Sein Finnisch Lappland spiegelte er Die nordische Natur als unauslöschliche Bereicherung Mit 62 Jahren wurde Hans Ulrich Schwaar von einer Begeisterung für Finnland erfasst, die ihn nie mehr losliess. «Durch vertieftes Betrachten der Natur kann uns ihr göttliches Wunder offenbar werden. Dieses liegt auch verborgen in jeder menschlichen Seele. Ein tiefes Mitgefühl zu unserem Nächsten kann uns deshalb ebenso beglücken wie das Bewundern einer Blume, weil wir in beidem Göttlichem begegnen.» Hans Ulrich Schwaar, aus «Intimitäten», Langnau, 2007, erhältlich bei: ruth.wullschleger@dorfberg.ch
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