Schweizer Revue 6/2020

Schweizer Revue / November 2020 / Nr.6 23 Orchester unter Tag Zum Schluss der Entdeckungsreise eine Feuchtwiese in den Voralpen, unweit einesWaldrands. Das filigrane Mikrofon ist erneut ins Erdreich ein- gelassen, der Kopfhörer aufgesetzt – und verflogen ist die vermeintliche Stille der Berge. Gänzlich eingetaucht in eine bislang überhörte Klangwelt verschiebt sich Wahrnehmung: Erst meinten wir, es sei still – doch jetzt hörenwir unter Tag das vielstimmige Orchester. Ein Citizen-Science-Projekt Seit Sommer 2019 sind in der Schweiz im Sommerhalbjahr Frauen und Männer auf diese Weise unterwegs und belauschen technisch gut ausge- rüstet den Boden. Sie alle sind Teil des Forschungsprojekts «Sounding Soils» (siehe Kasten), an dem sich nebst Wis- senschaftlern eben auch Laienfor- scherinnen und -forscher beteiligen. Dank diesemCitizen-Science-Ansatz fliessen letztlich zusätzliche Mess­ daten in die wissenschaftliche For- schung ein. Die Biologin hilft weiter Hinter allen registriertenGeräuschen stehen kleine und kleinste Lebewesen, beispielsweise Milben, Fliegenlarven, Asseln, Regenwürmer, Spinnen, Hun- dertfüssler, Springschwänze, Käfer. Aber welches klingt wie? Biologin Sabine Lerch ist bei der Stiftung «Bio- vision» fürs Projekt «Sounding Soil» zuständig, kann aber die genaue Ant- wort auchnicht liefern: «Wirwissen es nicht.Wir sindweltweit die Ersten, die Bodengeräusche auf diese Weise hör- bar machen. Aber die Forschung steht noch am Anfang.» Fürs Erste nehme sich die Forschung dem Grundsätz­ Winzige Springschwänze (Collembola) krabbeln hier gerade durch den Kompost. Sie gehören zum unterirdischen Orchester, in dem auch Milben, Fliegenlarven, Asseln, Regenwürmer, Spinnen, Hundertfüssler, Käfer, Heuschrecken und Zikaden mitspielen. Foto Marie Louise Huskens Wissen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx