Schweizer Revue 6/2020
Schweizer Revue / November 2020 / Nr.6 7 Max Spring zeichnet für die «Schweizer Revue». sein dürfte, ist das Schiedsgericht an EntscheidedesGerichtshofs gebunden. CVP-Präsident Gerhard Pfister kritisiert die Rolle des EU-Gerichts- hofs im Rahmenabkommen deshalb als «toxisch». Es könne nicht sein, dass ein «einseitig europäisches Gericht über das Verhältnis zwischen der EU und einemNichtmitglied entscheide», sagte Pfister in einem Zeitungsinter- view. Der Mitte-Politiker befürchtet insbesondere, der EU-Gerichtshof könnte die Schweiz dereinst dazu zwingen, die sogenannte Unionsbür- gerrichtlinie zu übernehmen. Damit erhielten EU-Bürger in der Schweiz leichter Zugang zur Sozialhilfe. Die Richtlinie ist im Rahmenabkommen jedoch nicht explizit erwähnt. Die Sozialpartner wiederum lehnen den Vertrag wegen Bedenken beim Lohn- schutz ab. Sie verlangen, die Schweiz müsse sich eigenständig gegen Dum- pinglöhne schützen können – so wie dies heutemit denflankierendenMass- nahmenmöglich ist. AuchderGewerk- schaftsbund sieht die Rolle des Euro- päischen Gerichtshofs kritisch: Mit Urteilen der letzten Jahre sei das kol- lektive Arbeitsrecht geschwächt wor- den– etwabei Gesamtarbeitsverträgen und beimStreikrecht. Bundesrat will nachverhandeln Grundsätzlicheinverstandenmit dem Rahmenabkommen zeigen sich einzig Grünliberale, BDP sowie die FDP – die Partei von Bundesrat und Aussenmi- nister Ignazio Cassis. Doch auch bei denFreisinnigenbröckelt die Front der Befürworter. So warnte alt FDP-Bun- desrat Johann Schneider-Ammann in der «Neuen Zürcher Zeitung» seiner- seits vor einem Souveränitätsverlust: Das indenbilateralenVerträgengefun- dene Gleichgewicht zwischen staatli- cher Souveränität und Zugang zum EU-Binnenmarkt sei im Entwurf des Rahmenabkommens «auf Kosten der Schweiz verloren gegangen», kritisiert der frühereWirtschaftsminister. Eine «faktische Unterstellung» des Schieds- gerichtes unter den Europäischen Ge- richtshof gehe zuweit. Die Landesregierung hatte bereits früher klargemacht, dass sie zu den «offenen Fragen» – darunter die Uni- onsbürgerrichtlinie und der Lohn- schutz – noch Gespräche mit der EU führenwolle. Der Bundesrat ernannte schliesslich Mitte Oktober eine neue Chefunterhändlerin. Staatssekretärin Livia Leu, zuvor Botschafterin in Paris,
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