Schweizer Revue 1/2021
Schweizer Revue / Februar 2021 / Nr.1 Für viele Dorf bewohner bleibe das Ganze «ungreifbar, fast virtuell», sagt Gemeindepräsident Roman Lanz. Foto Danielle Liniger ehe Bundesrätin Viola Amherd klar- machte: Entschärftwerden könne die Gefahr nurmit einer Räumung der ex- plosivenAltlast. Dasmache eine hoch- komplexe Roboter-Operation imBerg nötig, für die es weltweit kein Vorbild gebe. Sie erhöhe aber das Detonations- risiko derart, dass rund 170 Einwoh- ner von Mitholz ihr Dorf ab 2031 aus Sicherheitsgründen für rund ein Jahr- zehnt verlassenmüssen. Kostenpunkt der ganzen Übung: eine Milliarde Franken. Ein Schweizer Geisterdorf! Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Roman Lanz, hauptberuflich Abtei- lungsleiter in einem Autokarosserie Betrieb, gab als Miliz-Gemeindepräsi- dent auf einmal ausländischen TV- Stationen Interviews und sass in Sitzungen mit Bundesräten. Mitholz war in aller Munde. «Aber wenn ich mit denBetroffenenhier imDorf rede», sagt Lanz, «bleibt für sie das Ganze ungreifbar, fast virtuell.» Sie leben noch genau so nahe beim Munitions- lager wie vorher. Nur, dass sie eine ungewisse Zu- kunft mit existenziellen Fragen vor sich haben. Lanz steht jetzt vor dem zugemauerten Nordportal, wo einst Bahnladungen mit Patronen und Sprengstoff in den Stollen gefahren wurden. Einen Steinwurf entfernt siehtman das Haus der Bauernfamilie Künzi, die unter anderem die Hänge um das Munitionslager mit ihrem Vieh bewirtschaftet. Seit Jahrzehnten bewirtschafteten sie tagtäglich Boden, der jetzt plötzlich in der roten Zone liegt. Mit Kühen zügelt man nicht ein- fach so. Künzis müssen sich andern- orts eine neue Existenz aufbauen. Der Gemeindepräsident tauscht sich praktisch täglichmit Betroffenen wie den Künzis aus. «Was die letzten zwei Jahre seit Bekanntwerden der Explosionsgefahr mit uns gemacht haben, können von aussen nur die wenigsten erahnen», sagt er. Bei man- chen sickere die Realität nur langsam ins Bewusstsein, die Hoffnung, dass der Staat am Ende doch nicht so viel Geld ausgeben wolle und alles beim Alten bleibe, halte sich beharrlich. Die Emotionen sind das eine, es gibt auchwirtschaftliche Fragen:Wie Auf der Fluh bei Mit holz liegt der Bauern hof von Samuel Künzi. In der Fluh lagern Tausende Tonnen alter Munition. Foto Danielle Liniger 11
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