Schweizer Revue 1/2021

Schweizer Revue / Februar 2021 / Nr.1 17 Politik THEODORA PETER Die Urheber der Initiative «für verant- wortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» haben trotz verlorener Abstimmung einen Achtungserfolg erzielt: Am 29. November legte eine Mehrheit (50,7 Prozent) der Stimmenden ein Ja in die Urne. Trotzdem scheiterte die Initiative amStändemehr, das für jede Verfassungsänderung notwendig ist: nur 9 von 26 Kantonen sagten Ja zur Konzernverantwortungsinitiative. Dass eine Initiative das Volksmehr erreicht, das Ständemehr aber ver- passt, kommt in der direkten Demo- kratie äusserst selten vor. Dies zeigt, wie populär das Anliegen der Allianz von über 120 Hilfswerken, Kirchen, Umwelt- und Menschenrechtsorgani- sationen (siehe «Revue» 5/2020) in der Bevölkerung war. Entsprechend versöhnlich zeigte sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP) nach dem Urnengang. Die Jus- tizministerin hatte sich im von allen Seiten hart geführten Abstimmungs- kampf gegen die Initiative engagiert – Seite an Seite mit denWirtschaftsver- bänden. Es sei unbestritten, dass Schweizer Unternehmen auch imAus- land Mensch und Umwelt zu respek- tierenhätten, sagte Keller-Sutter. «Wir haben alle das gleiche Ziel, wählen aber nun einen anderenWeg.» Sorgfaltspflicht gegen Kinderarbeit Nach dem Nein zur Konzernverant- wortungsinitiative tritt automatisch ein indirekter Gegenvorschlag in Kraft, den das Parlament letzten Som- mer verabschiedet hatte. Im Gegen- satz zur Initiative sieht das Gesetz keine Haftungsbestimmungen vor. Hingegen müssen grössere Unterneh- men nun jährlich Bericht erstatten, wie sie dieMenschenrechte einhalten, die Umwelt schonen und Korruption bekämpfen. Geht es um Konfliktmi- neralien oder Kinderarbeit, gilt eine spezifische Sorgfaltspflicht. Wer kei- nen Bericht vorlegt oder unwahre An- gaben macht, riskiert eine Busse von bis zu 100000 Franken. «Die Initian- ten stehen deshalb nicht mit leeren Händen da», betonte die Bundesrätin. Für die enttäuschten Initianten sind diese Massnahmen aber ungenü- gend. «Die Selbstverpflichtung ohne wirksame Kontrolle und Haftung ist nicht ausreichend, damit alle Kon- zerne internationale Umweltstan- dards und die Menschenrechte res- pektieren», bedauert Monika Roth, Rechtsprofessorin und Co-Präsiden- tindes Initiativkomitees. Klar sei, dass sich die Koalition weiterhin für mehr Konzernverantwortung einsetzen werde. Die SchweizerWirtschaftmuss somit auch inZukunftdamit rechnen, dass ihr Geschäftsgebaren in fernen Ländern von einer wachsamen Zivil- gesellschaft kritisch beäugt wird. Keine Haftungsregeln für Schweizer Grosskonzerne Die Konzernverantwortungsinitiative ist am Veto der Kantone gescheitert. Trotzdem steigt der Druck auf Schweizer Unternehmen, auch im Ausland ethisch sauber zu wirtschaften. Nein zur Kriegsgeschäfte­ Initiative Volk und Stände lehnten die Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialpro­ duzenten» mit rund 57 Prozent Nein-Stimmen ab. Die Initianten wollten Schweizer Investitio­ nen in die Rüstungsindustrie weltweit unter­ binden. Aus Sicht von Bundesrat und Parlament genügen die bestehenden Verbote zur Finanzie­ rung von atomaren und chemischen Waffen sowie von Streumunition. Noch hängig ist eine überparteiliche Initiative gegen Waffenexporte in Konfliktregionen oder Länder, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden. (TP) Bundesrätin Karin Keller-Sutter versichert den Ver­ lierern: «Die Initian- ten stehen nicht mit leeren Händen da.» Foto Keystone

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx