Schweizer Revue 1/2021
Schweizer Revue / Februar 2021 / Nr.1 21 besondere Herausforderung», erzählt ValentinGreutert. BrunoManser hatte 1992 Greuerts Schule besucht, um über die Regenwälder zu sprechen. Schauspieler in der Rolle ihres Lebens Vor Ort erzählten die Menschen von Bruno Mansers Leben und ihrem Kampf gegen die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums. Die Mehr heit der Schauspielerinnen und Schau spieler entstammt einem Volk aus dem indonesischen Teil Borneos, den Dayak. Die Dreharbeiten in Malaysia wurden von den Behörden des Bun desstaats Sarawak verboten. Ummög lichst nahe an der Geschichte zu blei ben, überzeugte der Zürcher Regis seur achtMitglieder desmalaysischen Stamms der Penan, mit dem Bruno Manser gelebt hatte, im Film mitzu wirken. Sie mussten über Jakarta ins 200 Kilometer entfernte Dayak einge flogen werden. Unter den Schauspielern findet sichNickKelesau, derManser als Kind kennenlernte. Nick Kelesau spielt Along Sega. Segawar der PenanHäupt ling, der BrunoManser adoptiert hatte. Er beschrieb ihn als «ein Kind im Kör per eines Mannes». Der Schauspieler Sven Schelker wiederumspielt Bruno Manser – und spricht in der Sprache der Penan. Mansers SchwesterMonika Niederbergerwar von Schelkers schau spielerischer Leistung zutiefst be rührt: «Manchmal hatte ich wirklich Bruno vor mir, obschon Sven etwas grösser und schlanker ist.» Und sie er innert sich, wie Bruno sie auf einen Spaziergang durch die Wälder Basels mitnahmund dabei Steine umdrehte, um Insekten oder einen Salamander zu finden. «Dieser Film istmein Lebenswerk», sagt Greutert. «Er erzählt die Ge schichte der Menschheit. Man ent deckt, wie die nomadisch lebenden Penan über Tausende von Jahren ge lebt haben und wie der Kapitalismus in seinem Ressourcenhunger ihren Wald aufgefressen hat. Er ist darüber hinaus das Erbe eines Mannes, denn das Engagement Bruno Mansers hat die Abholzung auf die internationale politische Agenda gebracht.» Der Film bezieht seine Kraft aus der Identifika tion der Schauspielerinnen und Schau spieler mit ihrer eigenen Geschichte. So haben sie in Szenen, in denen die Penan Barrikaden errichten, Ereig nisse erneut durchlebt, die sie aus ihrem eigenen Leben kennen. Einer aus demTeam imDschungel Borneos kannte Manser sehr gut. Er heisst KasparMüller, ist Ökonomund ehemaliger Präsident von Ethos, der Schweizerischen Stiftung für nachhal tige Entwicklung. Der Basler wurde Ende der 1990er-Jahre zum engen FreundMansers. Seit demVerschwin den des Schweizers im Jahr 2000 ver tritt er die Rechte des Abenteurers und dessen Familie. Er sagt: «In Bor neo fand ich heraus, weshalb Bruno dort mit den Penan so glücklich war – zumindest bis die illegale Ausbeutung derWälder begann.» Der Ökonom, der heute Banken in Sachen nachhaltiger Entwicklung berät, findet, der Film zeige gut auf, «welches die systemi schen Verbindungen zwischen unse rer Wirtschaft und derjenigen der Regenwaldstämme sind und wie das Profitdenken stets neue Methoden hervorbringt, um auf natürliche Res sourcen zuzugreifen.» Genau genom men seien «die Feinde des Waldes überall, ohne es selbst zuwissen», sagt dazu imFilmRoger Graf, der Direktor des Bruno Manser Fonds (BMF). Der Filmbietet eine romantisierte Vision eines an sich bereits romanti schen Lebens. So ist etwa die Liebes geschichte zwischen Manser und einer Penan Fiktion. Das Treffen Mansers mit dem UN-Generalsekre tär Boutros Boutros-Ghali in New York fand ebenfalls nie statt. Gleiches gilt für seinen Versuch, ein Label von der International Tropical Timber Organization (ITTO) zu erhalten, das die Wälder Borneos schützen würde. «Bruno Manser richtete eine Inter pellation an die ITTO, hat aber nie an Labels geglaubt», erklärt BMF-Ge schäftsleiter Lukas Straumann. Und: «Der Film ermöglicht es jungen Leu ten, Bruno Manser, einen modernen Helden, zu entdecken.» Was die Wälder von Sarawak be trifft: 90 Prozent der Wälder haben sich seit den 1970ern in Rauch aufge löst. Das geschlagene Holz hat laut BMF einen Wert von über 50 Milliar den Dollar. Ist alles verloren? Nein. Einige Sekundärwälderwachsennach. Ausserdem verteidigen die Stämme Borneos ihren Lebensraum heute ge stützt auf geografischen Karten, die sie insbesondere dank der Unterstüt zung des BMF erstellen konnten. Der Umweltaktivist Bruno Manser in der Zeit, als er mit den Penan auf Borneo lebte. Archivbild Keystone, 1990
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