Schweizer Revue 2/2021
Schweizer Revue / April 2021 / Nr.2 24 Den Postversand beschleunigen Die Diplomatenpost soll dabei helfen, dass im Ausland domizilierte Schweizerinnen und Schweizer ihre politischen Rechte besser wahrnehmen können. Dies verlangt Andri Silberschmidt, FDP-Nationalrat aus Zürich, in einem parlamentarischen Vorstoss. Er schlägt vor, Wahl- und Abstimmungszettel gebündelt an die Auslandsvertretungen zu schicken und von dort mit der lokalen Post den einzelnen Stimmberechtigten zukommen zu lassen. Die ausgefüllten Unterlagen sollen wiederum auf den Botschaften und Konsulaten gesam- melt und gemeinsam in die Schweiz transpor- tiert werden. (ER) Skepsis in allen politischen Lagern Eine breite Allianz aus Politik und Fachkreisen warnt vor Hackerangrif- fen und einem Vertrauensverlust. Je- des System könne manipuliert wer- den, argumentiert sie. Im Parlament weibelte sie für ein Moratorium. Sie lancierte zudem eine Volksinitiative, brach die Unterschriftensammlung im Sommer 2020 wegen der Coro- na-Einschränkungen aber ab. Absolute Sicherheit gebe es nicht, sagt Eric Dubuis, Professor für Infor- matik an der Berner Fachhochschule. «Es ist wie beim Fliegen: Obwohl wir wissen, dass Flugzeuge abstürzen können, fliegen wir.» Nach 30 Jahren Forschung sorgten individuelle und universelle Verifikation beim E-Vo- ting jedoch für ein hohes Sicherheits- level. So lasse sich unter anderem überprüfen, ob eine Stimme korrekt erfasst wurde, ob sich ausschliesslich Stimmberechtigte beteiligt haben und alle gültigen Stimmen ins Ergeb- nis eingeflossen sind. «Heutige E-Vo- ting-Systeme können so gebaut wer- den, dassManipulationen zweifelsfrei erkannt werden», sagt Dubuis. Letztlich liege es an der Gesell- schaft zu entscheiden, ob eine Soft- ware für die Wahrung der Demokra- tie vertretbar sei. Politik Kantone kritisieren Beschränkung und Kosten Auf kantonaler Ebene soll der dritte Stimmkanal allerdings höchstens 30 Prozent und auf nationaler höchs- tens 10 Prozent des Stimmvolks offen- stehen. «Diese Beschränkung ist ein schwerer Schlag für jene Kantone, die auf ein flächendeckendes Angebot ge- setzt haben», sagt Barbara Schüp- bach-Guggenbühl, Staatsschreiberin des Kantons Basel-Stadt und Präsiden- tin der Schweizerischen Staatsschrei- berkonferenz. Dazu zählen beispiels- weise Basel-Stadt, Graubünden und Glarus. Barbara Schüpbach-Guggen- bühl weist auf die hohen Ausgaben hin, die es E-Voting-Plänen erschwe- ren dürften, in kantonalen Parlamen- ten auf Zustimmung zu stossen. «Wir können diese Kosten nicht alleine tra- gen», stellte die Kantonsvertreterin klar. «Hiermüssenwir noch dringend Lösungen finden, zusammenmit dem Bund.» Daneben dürften Sicherheits- bedenken einenNeustart erschweren. In verschiedenen Kantonen sind ent- sprechende Vorstösse hängig. Der Pionierkanton Genf gibt sich auf Anfrage zurückhaltend. Es sei nicht geplant, in naher Zukunft elek- tronische Abstimmungen anzubieten, teilt die Genfer Staatskanzlei mit. Der Kanton Bern, der bislang das Genfer System mitbenutze, hat sich noch nicht festgelegt. Der Regierungsrat werde sich imerstenQuartal 2021mit der neuenAusgangslage befassen, sagt StefanWyler vonder Staatskanzlei. Da mit der Post zurzeit keine Zusammen- arbeit besteht, könnte E-Voting frü- hestens 2023 wieder angeboten wer- den. Der Bundesrat zögere, die Füh- rung zu übernehmen, bemängelt Remo Gysin, Präsident der Ausland- schweizer-Organisation: «Dass jeder Kanton für sich schaut, ist nicht ziel- führend.» Der Bund müsse sich un bedingt stärker beteiligen, auch fi- nanziell. Und er müsse endlich vorwärtsmachen. «Das Ziel muss sein, bis zu den nächsten nationalen Wah- len im Jahr 2023 ein E-Voting-System zu etablieren.» Diese Forderung hat die Auslandschweizer-Organisation mit einer Resolution bereits 2019 ein- gebracht. Die Organisation unter- stütze Bestrebungen für ein sicheres Verfahren, betont Gysin, auf die Stra- tegie «Sicherheit vor Tempo» ange- sprochen. Ebenso zentral sei es aller- dings zu gewährleisten, dass möglichst viele Menschen ihre politi- schen Rechte wahrnehmen könnten. Barbara Schüpbach-Guggenbühl zum Umstand, dass kein flächendeckendes E-Voting möglich wird: «Ein schwerer Schlag.» Remo Gysin, Präsident der Auslandschweizer-Organisation: «Dass jeder Kanton für sich schaut, ist nicht zielführend.»
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