Schweizer Revue 2/2021

Schweizer Revue / April 2021 / Nr.2 31 Militärdienst auf dem Sofa Für 5000 der rund 12000 Rekrutinnen und Rekruten, die Ende Januar in die Schweizer Armee eingetreten sind, be- gann diemilitärische Ausbildung ungewöhnlich: Sie absol- vierten die erstenWochenwegen der Corona-Pandemie zu- hause. Für sie hiess dies E-Learning auf demSofa stattDrill imKasernenhof und Eintragen der Kampfstiefel imWohn- zimmer statt auf langen Märschen bei Wind und Wetter. Nach dem sanften Auftakt mussten aber auch die Home­ Office-Rekruten in die Kaserne einrücken. (MUL) Die Schweizer Luftwaffe ist jetzt allzeit bereit Der von der Schweizer Armee geleistete Luftpolizeidienst der Schweiz funktioniert seit Jahresbeginn rund um die Uhr und sieben Tage pro Woche: Zwei bewaffnete Kampf- jets sind jetzt permanent einsatzfähig. Das mag als Selbst- verständlichkeit erscheinen. Aber bis 2015 standen die Jets lediglich an Werktagen und nur zu Bürozeiten bereit. Das sorgte bei Bekanntwerden für reichlich Spott. Seither wurde die Einsatzfähigkeit schrittweise ausgebaut. (MUL) «Exit» schliesst die Fünfte Schweiz nicht aus Die Schweizer Sterbehilfe-Organisation Exit verzichtet da- rauf, Schweizer Mitglieder mit Wohnsitz im Ausland aus- zuschliessen. Sie können weiterhin Exit-Dienste in An- spruch nehmen. Exit hatte im Sommer 2020 angekündigt, nur noch Mitglieder mit Wohnsitz in der Schweiz aufzu- nehmen und existierende Mitgliedschaften beim Umzug ins Ausland zu löschen. Nach Widerstand seitens der Mit- glieder verzichtet Exit auf diese Verschärfung. (MUL) Bundesrat will Postfinance privatisieren Der Bundesrat möchte die Postfinance, ein Tochterunter- nehmen der staatlichen Post, vollständig privatisieren. Er will damit Postfinance ermöglichen, ins Hypothekenge- schäft einzusteigen. Die Privatisierungspläne sind politisch umstritten. Gegner der Privatisierung fürchten, dass da- durch die Post geschwächt werde. Die Schweizerische Post kann ihre breite Grundversorgung imLand unter anderem dank den Gewinnen von Postfinance finanzieren. (MUL) EDA will Botschaftsnetz stärken Die Schweiz will ihre Vertretungen im Ausland stärken: Gemäss Recherchen von Radio SRF plant das Eidgenössi- sche Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) rund 35 Stellen aus Bern in die weite Welt zu verschieben und damit insbesondere Kleinstvertretungen zu stärken. Nach der Einschätzung des Bundesrats hat sich dieses eng­ maschige Aussennetz gerade im Zuge der Corona-Pande- mie bewährt. Allerdings seien manche Vertretungen aber «personell zuwenig durchhaltefähig», schrieb er in seinem letzten Aussenpolitischen Bericht. (MUL) Gerhard Pfister Seit Anfang Jahr gibt es in der Schweiz eine neue Partei, weil sich die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Bürgerlich-de- mokratische Partei (BDP) zusammenschlossen. Der Name der neuen Gruppierung tönt wenig aufregend: «Die Mitte». Dabei geschieht Historisches: Die Katholisch-Konservativen, einst eine prägende Kraft im Land, verabschieden sich von ihrem konfessionellen Erbe. Ver­ antwortlich für den radikalen Schritt ist der oberste Christdemokrat: Gerhard Pfister, ein ehemaliger Klosterschüler. Als der Zuger 2016 das Parteipräsidium übernahm, gab er sich noch wertkonservativ. Jetzt brachte er seine Partei dazu, sich von ihrer traditionellen Veranke- rung im katholischen Milieu zu lösen. Der Grund ist profan: Wähler- schwund seit fast vierzig Jahren. Sogar die Vertretung der CVP im Bundesrat steht auf der Kippe. Pfister versucht neue Wählerschich- ten zu erschliessen, da war das «C» in der Affiche nur imWeg. Er sagt: «Ichwill mit den Leuten über Politik reden. Undmuss mit ihnen über Religion sprechen.» Der 58-Jährige gilt als gewiefter Stratege. Es heisst von ihm, er liebe das politische Spiel und die Macht. Eloquent und belesen, tritt er nicht nur auf dem politischen Parkett auf, sondern auchmal in einer Kultursendung. DieNeuausrichtung verkauft Pfister als «Aufbruch». Er sieht Potenzial für eine Mitte-Kraft: eine bürger­ liche Partei mit sozialer Verantwortung, gegen die Polarisierung von links und rechts. Die Reaktionen in der Öffentlichkeit fielen gemischt aus. Sie reichen von Lob («originelle Pfister-Lösung») bis zu Skepsis («letzte Häutung der CVP»). Ob der Plan aufgeht, zeigt sich bei den nächsten nationalenWahlen 2023. SUSANNE WENGER Herausgepickt Nachrichten

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