Schweizer Revue 4/2021

Schweizer Revue / August 2021 / Nr.4 26 Politik EVEL INE RUTZ Familien, die nicht demtraditionellenModell entsprechen, leben in der Schweiz offener als noch vor zehn, zwanzig Jahren. Gleichgeschlechtliche Paare erfüllen sich ihren Kinderwunsch. Lesben und Schwule, die zuerst einemkon- ventionellen Lebensentwurf folgten, outen sich und binden sich neu. Die reformierte Kirche erteilt Frauen- und Männerpaaren den Segen. Sogar einzelne katholische Seel- sorger gehen diesen Weg, ganz imWiderspruch zur offizi- ellen Haltung ihrer Kirche. «Die Gesellschaft hat sich deut- lich gewandelt», sagt Maria von Känel, Geschäftsführerin des Dachverbandes Regenbogenfamilien undCo-Präsiden- tin des Komitees «Ehe für alle». Dank der zunehmenden Akzeptanz seien Regenbogenfamilien imAlltag sichtbarer geworden. Ihre Bedürfnisse würden mittlerweile auch in konservativen Kreisen wahrgenommen. Was die rechtliche Anerkennung diverser Lebensfor- men betrifft, ist die Schweiz gemächlich unterwegs. 2007 hat sie die eingetragene Partnerschaft eingeführt, 2018 die Regenbogenfamilien sind längst Alltag – Jetzt hoffen sie auf mehr Anerkennung Den sogenannten Regenbogenfamilien wird in der Schweiz zunehmend tolerant begegnet. Ihnen naht jetzt eine wichtige Weichenstellung: Am 26. September entscheiden die Stimmberechtigten, ob homosexuelle Menschen künftig heiraten können. Stiefkindadoption. Nun wollen Bundesrat und Parlament mit der «Ehe für alle» einen weiteren Schritt tun. Schwule und Lesben sollen künftig heiraten können. Sie sollen un- ter anderem bei der Einbürgerung, beim Erben, in der Al- tersvorsorge und bei Besuchen im Spital heterosexuellen Eheleuten gleichgestellt werden. Sie sollen ihrenZivilstand auf Formularen künftig als «verheiratet» angeben können. Verheiratete Frauenpaare sollen zudemdieMöglichkeit erhalten, in der Schweiz eine Samenspende inAnspruch zu nehmen. Ihre Kinder sollen ab Geburt die gleichen Rechte haben wie der Nachwuchs aus heterosexuellen Ehen. «Die Familien mit zwei Müttern sind da, sie sind mitten in un- serer Gesellschaft und sie sind gleichwertig», sagt GLP­ Nationalrätin Kathrin Bertschy, welche die Gesetzesände- rung 2013 angestossen hat. Die Vorlage, die am 26. September zur Abstimmung gelangt, wirkewie aus der Zeit gefallen. Tatsächlich haben 28 andere Staaten die Ehe be- reits für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Die Nieder- lande machte 2001 den Anfang. Darum geht es bei der «Ehe für alle» unter anderem: Kinder von Regenbogenfamilien sollen besser abgesichert werden. Foto Keystone

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