Schweizer Revue 4/2021

Schweizer Revue / August 2021 / Nr.4 31 An einem Tiefpunkt Zurück in Europa und seit 1958 verheiratet mit Eliane Petitpierre, der Tochter eines Bundesrats, und bald einmal Vater von zwei Kindern, benötigte er Jahre, umdie Früchte der vierjährigen Reise literarisch umzusetzen. Und bald einmal geriet der um jedes Wort ringende, um höchste Präzision bemühte Autor in jene tiefe Krise, die in seinem einzigen Gedichtband «Le Dehors et le Dedans» von 1982 gespiegelt ist und die ihn in Verzweiflung und Alkoholis- mus stürzte. Gerade indem er die weit zurückliegenden Momente in fernen Ländern ins Gedächtnis zurückholte, vermochte er aber den Tiefpunkt zu überwinden und wurde mit seinem ganz eigenen Zugang zu fernen Welten für viele zu einemglaubwürdigen Deuter des Daseins und einemReiseführer ganz eigenen Zuschnitts. «Die Süsse des Lebens kosten» So folgten sich ab 1963 Band um Band seiner Erinnerung an jene grosse Reise von 1953 bis 1957, kamen aber auch Be- schreibungen seiner weiteren Aufenthalte in Japan, Korea und China hinzu, nicht zu vergessen die eindrückliche Schilderung seines Aufenthalts auf den irischen Aran-In­ seln. Bouvier, dessenMottohiess: «Die Süsse des Lebens und die Kunst zu leben kosten, als würdemanmorgen sterben», hat auch nach seinem Tod im Jahre 1998 nicht aufgehört, Menschen in aller Welt dazu zu bringen, mit neugierigen, offenen Augen durch die Welt zu gehen und dem Unbe- kannten mit Liebe und Achtung zu begegnen. In alle Welt- sprachen übersetzt, haben seine Bücher ihren Zauber ge- rade auch imZeitalter desMassentourismus nicht verloren. Die Bücher von Nicolas Bouvier sind in vielen Ausgaben in französischer, deutscher und englischer Sprache lieferbar. CHARLES L INSMAYER IST L I TERATURWISSENSCHAFTLER UND JOURNAL IST IN ZÜRICH Schweizer Zahlen Die Kuh gewinnt, das Murmeltier scheitert 10 000 Die Schweiz kennt kein offizielles Nationaltier. Comedian Claudio Zuccolini lud deshalb zur Urabstimmung ein: als Nationaltier nominiert waren Kuh, Steinbock, Bär und Löwe. Doch plötzlich lag das gar nicht zur Wahl stehende Murmeltier mit 10 000 Stimmen Vorsprung vorn! Es hiess, Hacker hätten die Wahl manipuliert. E-Voting ist halt eine sensible Sache. Gewonnen hat am Ende mit 52 % der Stimmen klar die Kuh – und ihr Wahlsieg wurde von einem Bündner Rindfleisch­ vermarkter verkündet. Da war wohl noch ganz anderes manipuliert. 330 Finden sie statt? Das definitive Schicksal der Olympischen Spiele Tokio 2021 war bei Redaktionsschluss offen. Die Statistik holen wir trotzdem hervor: Schweizer Athletinnen und Athleten haben bisher 330 Olympia-Medaillen gewonnen. Nur 1908, 1912 und 1964 gingen sie leer aus. Allfälliges Tokioter Edelmetall ist nicht mitgezählt. 37 710 400 000 37,7 Milliarden Franken betrug der Gewinn der Schweizer Nationalbank im ersten Quartal 2021. Die Bank verkündete dies sichtlich unglück- lich, denn die Summe weckt Begehrlichkeiten. Ja, sie würde 248 Jahre lang fürs Salär von Fussballer Lionel Messi ausreichen, – oder um jedem und jeder in der Schweiz 4351 Franken zu überweisen. 10 Die pandemiebedingte Pflicht, zuhause zu arbeiten, wird gelockert. Gemäss Umfragen möchten nur 10 von 100 Befragten weiterhin am liebsten ausschliesslich von zu Hause aus arbeiten. Aber die Mehrheit hofft auf dauerhaft flexibleres Arbeiten – mal zuhause, mal im Büro. 2 Reiseanbieter stellten fest, dass viele Schweizer Familien heuer ihre Sommerferien doppelt buchten: Einmal am Meer, gleichzeitig in den Bergen. Die gegenwärtige Flut von Annulationen war dadurch also längst schon programmiert. ZAHLENRECHERCHE: MARC LETTAU

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