Schweizer Revue 5/2021

Schweizer Revue / Oktober 2021 / Nr.5 23 MARC LETTAU Der Auslandschweizerrat, also das «Parlament der Fünften Schweiz», liess an seiner Sitzung vom20. August keine Zweifel offen: Es wählte den Tessiner Filippo Lombardi in aller Klarheit zum Nachfolger von alt Nationalrat Remo Gysin (SP, BS), der sein Amt als Präsi- dent der Auslandschweizer-Organisa- tion (ASO) nach sechs Jahren nieder- legte. Der neue Präsident ist innerhalb der ASO kein Unbekannter: Als bishe- riger Vizepräsident ist Lombardi mit deren aktueller Agenda vertraut; und als einer derWegbereiter des seit 2015 geltenden Auslandschweizergesetzes sind ihmdie Anliegen jener gegenwär- tig 776300 Menschen mit Schweizer Pass, die nicht in der Schweiz selbst le- ben, bestens bekannt. Lombardi ist heute Stadtrat von Lugano. Bis 2019 vertrat er die CVP, die inzwischen unter dem Namen «Die Mitte» politisiert, im Ständerat, dem er zehn Jahre lang angehörte. Das Verhältnis Schweiz–EU bleibt eine Herausforderung Anlässlich der Stabsübergabe sprach der abtretende Präsi- dent Remo Gysin von Dankbarkeit. Er sei dankbar für die bereichernden Begegnungen mit all den Auslandschweize- rinnen und -schweizern, die ihn mit ihrer «faszinierenden Mischung aus Schweizer Heimatgefühl und weltoffenen Herzen» beeindruckt hätten. Er übergebe seinem Nachfol- ger aber nicht nur «eine ASO, die auf Kurs ist». Zur Hinter- lassenschaftgehörten auch gewichtigeHerausforderungen. Sowerde Lombardi nicht umhinkommen, sichmit der Frage zu befassen, was die gescheitertenVerhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Euro­ päischen Union (EU) für die 434000 in der EU lebenden Schweizerinnenund Schweizer bedeute. Gysins Urteil: «Ich vermisse eine Strategie des Bundesrats.» Es sei nicht klar, «was der Bundesrat jetzt überhaupt will». Filippo Lombardi sagte, das Verhältnis Schweiz–EU werde bestimmt den Beginn seiner Präsidialzeit prägen. Er werde der Schweizer Regierung nicht diktieren, wie sie ihre EU-Politik auszu- richten habe. Aber er werde einfordern, die Lage der in der Filippo Lombardi folgt auf Remo Gysin Remo Gysin legte Ende August sein Amt als Präsident der Auslandschweizer-Organisation (ASO) nieder. Zu seinem Nachfolger wählte der Auslandschweizerrat den früheren Tessiner Ständerat Filippo Lombardi. EU lebenden Schweizerinnen und Schweizer ernst zu neh- men. Sonst würden diese über kurz oder lang Nachteile er- leiden. Schon jetzt spüre die Schweiz im Bereich Bildung («Erasmus») und Forschung («Horizon») erste empfindliche Einschränkungen. Als zweites Kernthema ortet Lombardi das E-Voting: Ohne E-Voting sei es für viele im Ausland Lebendennichtmöglich, anAbstimmungenundWahlen in der Schweiz teilzunehmen. Die Stimmeder FünftenSchweiz habe deshalb nicht das angemessene Gewicht. Verbessert werden müsse zudem die Repräsentativität des Ausland- schweizerrats. Das taugliche Rezept auch da: E-Voting. Verabschiedet hat der neu gewählte Auslandschweizer- rat (siehe nächste Seite) zwei Resolutionen: Er fordert von der Schweizer Regierung die Ausarbeitung einer «klaren, transparenten Strategie» zur Erhaltung der «Errungen- schaft der Personenfreizügigkeit» zwischen der Schweiz und der EU. Und er verlangt, dass in der Schweiz alle im Ausland ausgestellten Impfzertifikate anerkannt werden, sofern einWHO-anerkannter Impfstoff verwendet wurde. revue.link/euresolution and: revue.link/impfresolution Filippo Lombardi, der neue ASO-Präsident, erachtet das Thema Schweiz–EU und die Wiedereinführung des E-Votings als zentral. Foto Marc Lettau Auslandschweizer-Organisation Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern Telefon +41 31 356 61 00 info@s wisscommunity.org | www.swisscommunity.org

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