Schweizer Revue 5/2021

Schweizer Revue / Oktober 2021 / Nr.5 26 Die Stimme der Jugend der Fünften Schweiz Engagierte Diskussionen und praktische Weiterbildung prägten den allerersten Kongress der jungen Auslandschweizerinnen und -schweizer. Er zeigte: Das Interesse an politischer Partizipation ist gross. MARC LETTAU Natürlich hätten die Teilnehmenden am 1. Kongress der jungen Ausland- schweizerinnen und Auslandschwei- zer rein gar nichts gegen persönliche Begegnungen gehabt: Aber auch die- ser Anlass fand – wie heute so vieles – online statt. Doch das Format erwies sich als Glücksfall: Jugendliche und junge Erwachsene aus allenEckenund Enden der Welt – von Frankreich bis Australien, von Sri Lanka bis nach Chile – konnten sich sehr rege austau- schen, ohne ihr jugendliches Budget mit enormenReisekosten zu belasten. Fokus aufs Stimmrechtsalter 16 Am Kongress vom 15. Juli, organisiert vom Jugenddienst der Auslandschwei- zer-Organisation (ASO) inZusammen- arbeit mit dem Youth Parliament of Swiss Abroad (YPSA), zählte die politi- sche Partizipation zu den zentralen Themen. YPSA-Präsidentin Jacqueline Siffer (USA) führte die Runde an die Frage heran, die die letzte «Schweizer Revue» prägte: Sind 16-Jährige reif für die Politik, also reif fürs Abstimmen? Die Schweiz, die das Stimmrechts­ alter 16 bereits aus demKantonGlarus kennt, diskutiert derzeit rege über das Thema. Eine allgemeine Senkung des Stimmrechtsalters von heute 18 auf neu 16 Jahre würde auch für junge Schweizerinnen und Schweizer im Ausland gelten. Ob der Schritt über- haupt mehrheitsfähig ist, steht aber noch in den Sternen. Der Verlauf der Diskussionen am Jugendkongress glich durchaus jenem von Jugenddebatten in der Schweiz: Das Meinungsspektrum war breit. Unbestritten ist das grosse Interesse an politischer Partizipation. Die Kon- gressteilnehmenden mit Sympathien fürs Stimmrechtsalter 16 argumen- tierten, die heutige Jugend sei längst schon politisch aktiv, etwa in der Kli- mapolitik. Würde deren Stimme be- rücksichtigt, entstünde ein vollstän- digeres BildderGesellschaft: «Teenager sehen die Dinge oft anders.» Zugleich seien sie ganz besonders betroffen von Entscheiden, die die ferne Zukunft prägten. Schliesslich sei die persönli- che Reife von 16-Jährigen und 18-Jäh- rigen nicht wesentlich anders. Das spreche für eine Senkung des Stimm- rechtsalters. Die Zweiflerinnen und Zweifler gaben amKongress zu bedenken, dass sich ihre Alltagsrealität stark von je- ner in der Schweiz unterscheide. Viele lebten in Ländern, in denen regelmäs- siges Abstimmen nicht zum politi- schenAlltag gehöre, ganz anders als in der Schweiz mit ihren vier Abstim- mungswochenenden pro Jahr. Viele fühlten sich persönlich noch nicht be- reit für komplexe Abstimmungen, thematisierten die – fehlende – Reife und das Risiko von Beeinflussung. Abstimmen von Fall zu Fall Das Fazit der Pro-und-Contra-Debatte: Eine gute Option sei die Senkung des Stimmrechtsalters, weil das Abstim- men in der Schweiz freiwillig sei. Wer sich für eine Frage interessiere, be- stimme mit. Wer sich nicht interes- siere, lasse es bleiben. EineVermutung aus der Runde: Sinke das Stimmrechts­ alter, dann steige bei den Jungen wohl auch das Interesse an politischer Mit- bestimmung: «Es wäre eine Ermunte- rung, sich inwichtige Fragen zu vertie- fen.» Eine Herausforderung bleibe die Komplexität der Abstimmungsvorla- gen. DieseKlage ist inder Schweiz aber auchvon jenen zuhören, die schon seit Jahrzehnten erwachsen sind. Easyvote als Einstiegshilfe Schweizer Abstimmungsunterlagen sind in der Tat eher kein Vorbild an Verständlichkeit. Hier hakte am Ju- gendkongressMona-Lisa Kole ein. Sie stellte das Projekt Easyvote vor, das zum Ziel hat, den 18- bis 25-Jährigen die politische Mitwirkung zu erleich- tern. Einerseits stützt Easyvote die Schweizer Jugendparlamente. Ander- seits wird vor jeder Eidgenössischen Abstimmung eine sehr verständlich formulierte Broschüre zu denAbstim- mungsthemen herausgegeben. Bildungslandschaft Schweiz AmKongress gab educationsuisse-Ge- schäftsführerin Barbara Sulzer Smith auch Einblick ins innovative, breit ge- fächerte und sehr durchlässige Aus­ bildungsangebot der Schweiz. Und die Studenten von «Junior Entreprise Genève» steuerten Tipps zum Berufs- einstieg bei. Etwa:Wie schreibe ich auf Stellenangebote in der Schweiz die perfekte Bewerbung. Tipps ganz ande- rer Art vermittelteMelanieOesch von der Folkloreformation «Oesch’s die Dritten»: Sie verriet einige Geheim- nisse der Jodelkunst und unterhielt zusammen mit ihrer Familie die Kon- gressteilnehmer bestens. Marie Bloch, Leiterin des Jugend- dienstes der ASO, zieht eine äusserst positive Bilanz: «Wir konnten den Kontakt zu den Jugendlichen vertie- fen, spürten ihr Interesse, ihre Freude.» Der Jugendkongress 2022 sei natürlich schon in Vorbereitung. Jacqueline Siffer leitete souverän durch die Debatten Marie Bloch beurteilt den Jugend- kongress als geglückt Melanie Oesch jodelte am Kongress für die Jugend Mona-Lisa Kole liefert Jugendlichen vor Abstimmungen verständliches Wissen

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