Schweizer Revue / Februar 2022 / Nr.1 13 Das derzeit winterliche Albinen, 1300 Meter über Meer, sorgt sich besonders um die Zukunft seiner Dorfschule. Foto Keystone «Rund 70 Prozent der Bevölkerung lebt im Kanton Wallis im eigenen Heim, nur 30 Prozent haben eine Wohnung oder ein Haus gemietet. Deshalb war für uns klar, dass wir Wohneigentum fördernmöchten, insbesondere auch, weil das Dorf über viele ungenutzte Liegenschaften und über Baulandreserven verfügt», sagt Beat Jost. Zweifel und Ängste Trotz dem bisherigen Erfolg des Ansiedlungsprojekts: Anfänglich gab es in der Bevölkerung auch kritische Stimmen. Denn: Die aussergewöhnliche Strategie der Gemeinde hat mediale Wellen geworfen – und zwar weit über die Landesgrenzen hinaus. «Wir hatten Anfragen aus der ganzen Welt», sagt Beat Jost. Viele der Berichte in ausländischen Medien seien irreführend gewesen. So sehr, dass vereinzelte Personen aus dem Ausland anreisten in der Meinung, in Albinen werde Geld verschenkt und es gebe zudem noch eine Wohnung gratis dazu. Die vielen Anfragen und die spontan aufkreuzenden Besucher lösten im Dorf Ängste vor einer unkontrollierten Zuwanderung aus. Die Gemeinde verfasste deshalb Schreiben in verschiedenen Sprachen, in welchen sie festgehaltenhat, dass Personen aus dem Ausland nur mit der nötigen Niederlassungsbewilligung Anspruch auf die Wohnbauförderung haben. Dieses Problem scheint mittlerweile gelöst zu sein. Indes steht die Gemeinde vor neuen Herausforderungen: Albinenhat nämlich keine Schule mehr. «Acht von zehn Fragen drehen sich bei möglichen Zuzugsinteressierten aber genau darum», sagt Beat Jost. Der Kanton wird eine Dorfschule nur ab einer bestimmten Grösse wieder eröffnen. Deshalb befasst sich die Gemeinde zurzeit mit der Gründung eines alternativen Schulmodells, welches auch Schulkindern aus dem Tal zur Verfügung stehen soll. Geldprämien locken auch andernorts Rund 40 Kilometer von Albinen entfernt liegt Zeneggen. Dort ist die Dorfschule im Moment noch offen. Doch den oberen Klassen droht die Schliessung, weil es zu wenig Kinder hat. Zwar verzeichnete die Gemeinde in den letzten Jahren keinen generellen Bevölkerungsschwund wie Albinen. Doch diemeistenZuzügerwaren kinderlos. Analog der Gemeinde Albinen setzt man nun auch in Zeneggen auf eine Geldprämie: Jede Familie, die nach Zeneggen zieht, erhält 3934 Franken pro Kind. 3934: So lautet die Postleitzahl des Dorfes. Fernando Heynen ist Vater von fünf Kindern, Gemeinderat von Zeneggen und kämpft in seinen beiden Rollen um den Erhalt der Schule und um Neuzuzüger. «Ist die Schule erst einmal geschlossen, wird es noch schwieriger, junge Familien ins Dorf zu holen», sagt er. Im Gegensatz zu Albinen werden in Zeneggen nur wenige Liegenschaften zum Kauf angeboten. Deshalb setzt man auf Mieter: Die Gemeinde baut zurzeit eine Liegenschaft mit mehrerenWohnungen, welche an Familien vermietet werden sollen. Man habe bereits Interessenten, sagt FernandoHeynen. Man hoffe, bald die ersten Prämien verteilen zu können. Minihaus löst Neugier aus In Albinen hält das Interesse am Wohnförderprojekt unvermindert an. Insbesondere die Wohnform der Familie Biege weckt die Neugier potenzieller Zuzügerinnen und Zuzüger. Pierre Biege hätte nichts gegen Minihaus-Nachbarn. Noch sieht es allerdings nicht danach aus. Für Familie Biege kein Problem: Sie ist so oder so glücklich, sich für Albinen entschieden zu haben.
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