Schweizer Revue / Februar 2022 / Nr.1 15 Das bereits Klare rasch umsetzen An sich wäre es nun am Bundesrat, einen Vorschlag zur konkretenUmsetzung der Initiative zumachen. Umschneller zu einem Ergebnis zu kommen, schlägt das Initiativkomitee jedoch einen anderen Weg vor: die vom Parlament bereits beschlossene und unbestrittene Aus- und Weiterbildungsoffensivemöglichst rasch umzusetzen und den Bundesrat nur die restlichen Punkte klären zu lassen. Auch die vom Parlament im Sinne eines Gegenvorschlags zur Initiative bereits festgelegten neuen Regeln, unter welchen Bedingungen Pflegefachleute künftig Leistungen selbst anordnen und abrechnen können, müssen nach Meinung der Abstimmungsgewinnerinnennichtmehr neu diskutiert werden. Es gelte sie rasch umzusetzen. Die Sozialdemokraten haben einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. Die Mitte schliesst nicht aus, für dieses VorgehenHand zu bieten. DerenNationalrätinRuthHumbel (AG) betonte gegenüber Radio SRF allerdings, dass dieser Weg Zweites Ja zur Corona-Politik Schon zum zweiten Mal haben die Stimmberechtigten die Corona-Politik von Bundesrat und Parlament unterstützt. Mit 62 Prozent hiessen sie das Covid-19-Gesetz gut, das unter anderemdie Zertifikatspflicht sowieWirtschaftshilfen regelt. Die Fünfte Schweiz sagte sogar mit 68,5 Prozent Ja. Nach einemteilweise gehässigenAbstimmungskampf sprachen Beobachter von einem Vertrauensvotum für den behördlichen Umgang mit der Pandemie. Das Resultat fiel deutlicher aus als im Juni, als das Gesetz zum ersten Mal zur Abstimmung gelangte. Damals machten die Ja-Stimmen 60,2 Prozent aus. Die Schweiz ist weltweit das einzige Land, in dem das Volk über Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie abstimmen kann. Der Abstimmung über das Corona-Gesetz gingen zahlreiche – zumTeil auch gewaltsame – Proteste von Massnahmen-Kritikern voraus. Keine Richter-Wahl im Losverfahren Die so genannte Justiz-Initiative scheiterte mit 68,1 Prozent Nein-Stimmen deutlich. Sämtliche Kantone lehnten den Vorschlag ab, die Mitglieder des Bundesgerichts künftig per Los zu bestimmen. Auch 65,3 Prozent der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer stimmten dagegen. Der Einfluss der Parteien bleibt damit unverändert. Richterinnen und Richter müssen in der Schweiz zwingend einer Partei angehören und dieser eine Mandatssteuer zahlen. (ERU) Ein Ja in fast allen Kantonen Dass die Forderungen der Pflegebranche in der Bevölkerung auf viel Verständnis stossen, hatten Umfragen früh gezeigt. Unsicher war jedoch, ob der Vorstoss das Ständemehr – also die Zustimmung der Mehrheit der Kantone – schaffen würde. Diese Hürde, die Volksbegehren oft zum Verhängnis wird, überwand die Pflegeinitiative letztlich aber äusserst komfortabel: Bis auf Appenzell Innerrhoden haben ihr alle Kantone zugestimmt. Dass es in der Pflege Reformen braucht, war allgemein unbestritten. Pflegende arbeiten zunehmend am Limit. Viele steigen vorzeitig aus demBeruf aus – oft schon in jungen Jahren. Personalverantwortliche bekunden Mühe, Fachkräfte zu finden. Gleichzeitig wird eine alternde Gesellschaft in Zukunft auf zusätzliches Pflegepersonal angewiesen sein. Experten warnen daher: Ohne griffige Reformen dürften bis 2030 rund 65 000 Pflege-Mitarbeitende fehlen. Pandemie verdeutlichte die Lage Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, SBK, hat seinen Lösungsansatz bereits 2017 vorgelegt. Dieser hat seinen durchschlagenden Erfolg auch Corona zu verdanken. Die zahlreichenMedienberichte aus Spitälern, Pflege- undAltersheimenhabender Bevölkerung vor Augen geführt, was Pflegende rund um die Uhr leisten. Vielen wurde bewusst, dass sie selbst oder Angehörige plötzlich auf Hilfe angewiesen sein könnten. Inden Wochen vor dem Volksentscheid spitzte sich die pandemische Situation einmal mehr zu. Die Fallzahlen stiegen rasant und mit Omikron sorgte eine neue Virusvariante für Schlagzeilen. Und fast zeitgleichmit der Abstimmung mehrten sich Meldungen aus Spitälern, siemüssten in der Intensivmedizin wohl bald auf eine Triage setzen, also auf den harten Entscheid, wemmannoch eine lebensrettende Behandlung gewähren könne und wem nicht. Ein Zeichen der Wertschätzung «Gerade in der Krise zeigt das Pflegepersonal, was es leistet und wie wichtig seine Arbeit ist», sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Abstimmungssonntag. Das deutliche Ja zur Vorlage sei ein Zeichen der Wertschätzung und des Dankes. Die Pflegenden jubelten. SBK-Geschäftsführerin Yvonne Ribi (siehe Seite 31, Rubrik «Herausgepickt») freut sich über die Solidarität der Bevölkerung. Mit den beschlossenen Massnahmen lasse sich der Pflegenotstand beseitigen, sagt sie: «Nun erwarten wir von der Politik, dass unsere Anliegen ernst genommen und rasch umgesetzt werden.» 61 % Ja 39 % Nein Das Volks-Ja zur Pflegeinitiative fiel sehr deutlich aus. Die Fünfte Schweiz stimmte mit 58 Prozent ähnlich klar zu.
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