Schweizer Revue 3/2022

STÉPHANE HERZOG Ein Park für Kinder, mit Sandkasten und Schaukeln neben einem kleinen Hügel. Gleich daneben: ein Betonportal, das Portal zumAtomschutzbunker Sonnenberg, dem grössten seiner Art, der jemals in der Schweiz gebaut worden ist. Wir befinden uns hier imWesten Luzerns, im Bruchmatt-Quartier. Unsere Führerin Zora Schelbert fährt mit dem Velo vor. Sie ist von Beruf Lehrerin und nimmt seit 2006 Besucherinnen und Besucher mit in den Untergrund. Es ist ein Teilzeitjob, in dem «jeder Besuch anders verläuft». Die Luzernerin wohnt zwar in der Nähe, müsste aber im Falle eines Angriffs andernorts Unterschlupf suchen. Wo? «Ich habe versucht, auf einer dafür bestimmten Website die Antwort zu finden, fand sie aber nicht», sagt sie belustigt. Wir folgen einem 200 Meter langen abfallenden Tunnel. An den Wänden sind orange Striche zu sehen, 20000 an der Zahl. Die Idee stammt vom Verein «unterirdisch überleben», der die Führungen organisiert. Jeder Strich steht für einen Platz im Bunker. Die Menschenmassen wären über die heutigen Tunneleinfahrten der Autobahn in die beiden Röhren geschleust worden, In der Ukraine herrscht Krieg – und der Sonnenberg-Bunker zieht die Blicke auf sich Mit seinen 20000 Plätzen war der 1976 eingeweihte Atombunker Sonnenberg für lange Zeit die grösste Anlage dieser Art weltweit. Mit der Rückkehr des Kriegs in Europa erhält ein Besuch in diesem Zeugen des Kalten Kriegs eine neue Bedeutung. die beidseitig über Panzertore verfügen. So der Plan für die 1976 eingeweihte Zivilschutzanlage Sonnenberg. Strom für zwei Wochen Am Ende des Korridors steigen wir zum höchsten Punkt einer siebenstöckigen unterirdischen Kaverne auf. Sie liegt über der A5, der Nord-Süd-Autobahnachse, auf der täglich 65000 Fahrzeuge verkehren. Im Kriegs- oder Katastrophenfall hätte dieser Betonzylinder als Hauptquartier und Arbeitsort für 700 Zivilschützer gedient. Jedes Stockwerk hat seine Funktion. Höher, weiter, schneller, schöner? Auf der Suche nach den etwas anderen Schweizer Rekorden. Heute: Der grösste Zivilschutzbunker der Schweiz. Die Küche im Bunker scheint riesig. Warme Mahlzeiten waren im Ernstfall aber nur fürs leitende Personal vorgesehen. Foto Keystone Schweizer Revue / Juli 2022 / Nr.3 22 Reportage

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