für Männer und Frauen, danach eine Koppelung an die Lebenserwartung: Dies fordert die Renteninitiative seiner Partei auch für die Schweiz. Seit 20 Jahren sei die Politik unfähig, die AHV auf eine tragfähige Basis zu stellen. «Das schadet der Reformfähigkeit der Schweiz im Allgemeinen, uns Jungen aber ganz speziell», sagt Müller und spricht von Ernüchterung. Im Herbst stellen die Stimmberechtigten die Weichen Doch bevor die Stimmberechtigten über die AHV-Initiative der Jungfreisinnigen abstimmen, steht ein anderer Brocken an. Am 25. September 2022 gelangt ein weiteres Reformpaket des Parlaments zur Abstimmung, die «AHV 21». Ihr Ziel: Einnahmen und Ausgaben im AHV-Fonds ins Gleichgewicht bringen und das Niveau der Renten halten. Um dies zu finanzieren, würde das Rentenalter der Frauen von 64 auf 65 Jahre erhöht und die Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte angehoben. Der Zeitpunkt der Pensionierung soll dafür flexibler wählbar sein, möglich wird auch ein schrittweiser Rentenbezug. Die «AHV 21» passt insbesondere den Gewerkschaften und Linksparteien nicht. Für sie ist die Vorlage ein Abbau auf dem Buckel der Frauen. Innert Rekordzeit haben sie die nötigen Unterschriften zusammengebracht, um eine Volksabstimmung zu erzwingen. Linke und Gewerkschaften fordern vielmehr einen Ausbau der Renten – auch sie haben eine Initiative lanciert. Wer ein Leben lang gearbeitet habe, verdiene eine gute Rente, fordern sie und schlagen dazu eine 13. AHV-Rente vor. Doch auch die Jungfreisinnigen sind nicht glücklich mit «AHV 21». Das sei bloss eine «MiniReform, nur ein Zwischenschritt», sagt Müller. Es brauche weitere Schritte, namentlich die Anbindung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Davon müssten die Jungen ihre Eltern und Grosseltern freilich noch überzeugen. Zwei gegensätzliche Initiativen im Parlament Mini-Reform oder Leistungsabbau? Spannenderweise kommen die beiden gegensätzlichen Initiativen voraussichtlich just einige Wochen vor der Abstimmung über «AHV 21» ins Parlament – und damit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Sagen die Stimmberechtigten eher Nein zu «AHV 21» aus Furcht, ein Ja würde als Signal für weitere Anhebungen des Rentenalters interpretiert? Oder sagen sie Ja zur Reform und damit Nein zu einem weiteren Ausbauschritt? Immerhin machen Umfragen sowie frühere Abstimmungen klar, dass die Bevölkerung sich der finanziellen Schwierigkeiten der AHV durchaus bewusst ist. So ist die Altersvorsorge in der Schweiz aufgebaut Aktuell beträgt die AHV-Maximalrente 2390 Franken pro Monat und pro Person, die Minimalrente 1195 Franken. Ehepaare erhalten gemeinsam maximal 3585 Franken. Sind die Lebenshaltungskosten im Wohnland tief, entfaltet diese Summe eine beachtliche Kaufkraft, doch in der Schweiz reicht die AHV-Rente allein nicht zum Leben. Dafür braucht es zwei weitere Säulen. Neben der staatlichen Vorsorge aus AHV und Ergänzungsleistungen (1. Säule), gibt es seit 1985 die berufliche Vorsorge über die Pensionskassen (2. Säule) und seit 1987 die gesetzlich geregelte private Vorsorge (3. Säule). Dieses 3-Säulen-Prinzip ist in der Bundesverfassung verankert und hat zum Ziel, den gewohnten Lebensstandard im Alter, bei Invalidität und im Todesfall für sich oder die Hinterbliebenen aufrechtzuerhalten. Allerdings ist bei Tieflöhnen auch die Rente aus der zweiten Säule gering und zum Aufbau einer dritten Säule reicht das Einkommen oftmals nicht. (DLA) Jassen schärft die Rechenfertigkeit. Bezogen aufs Alter: Wer allein auf die AHV-Rente baut, rechnet falsch, denn die Schweizer Altersvorsorge kennt drei Säulen. Foto Keystone Schweizer Revue / August 2022 / Nr.4 14 Gesellschaft
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