Schweizer Revue 5/2022

5 rahmenprogramm zum «nicht assoziierten Drittland» degradiert. Im weltweit grössten Programm für Forschung und Innovation, Horizon Europe, verliert die Schweiz damit ihre bisherige Stellung und ihren bisherigen Einfluss. Immerhin ist Horizon Europe das weltweit grösste Programm für Forschung und Innovation mit einem Budget von knapp 100 Milliarden Euro für einen Zeitraum von sieben Jahren (2021–2027). Die finanzielle Ausstattung ist im Vergleich zu den 79 Milliarden Euro des Vorgängerprogramms Horizon 2020, bei dem die Schweiz noch assoziierte Partnerin war, nochmals deutlich gestiegen. Ganz ausgeschlossen von der Zusammenarbeit mit ihrem wichtigsten Forschungspartner ist die Schweiz zwar nicht. Aber: Schweizer Forschende können keine grossen Kooperationsprojekte mehr leiten und erhalten keine Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) mehr. Hengartner bezeichnet diese Stipendien des ERC als «Champions League der Forschung». EPFL-Präsident Martin Vetterli kennt sie aus eigener Erfahrung: «Ich hätte meine Forschung im Bereich der digitalen Signalverarbeitung ohne ein Stipendium des ERC in Höhe von fast Schweizer Leuchttürme in der EU-Forschung Welche konkreten Ergebnisse haben die europäischen Forschungsrahmenprogramme gebracht, welchen Nutzen zieht die Schweiz aus der Zusammenarbeit? Der Genfer Uni- Rektor und Präsident von swissuniversities, Yves Flückiger, muss bei der Frage nicht lange überlegen. ■ Cern: Das Forschungslabor ist gleichermassen die Wiege von Europas Forschung: 1954 an der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz bei Genf gegründet, war es eines der ersten gemeinsamen europäischen Projekte und hat heute 23 Mitgliedsstaaten. Dieser Wissenschaftsraum wurde 1984 durch die europäischen Forschungsrahmenprogramme gestärkt. Flückiger: «Diese Programme spielten eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Grundlagenforschung und ihrer Umsetzung in industrielle Anwendungen, indem sie insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Laboren und Unternehmen förderten.» Seit 2012 und der Entdeckung des Higgs-Teilchens ist das Cern der ganzen Welt ein Begriff. ■ BioNtech: Das in jüngster Zeit wohl prominenteste Resultat von Forschungstransfer ist der erste Boten- RNA-Impfstoff gegen Covid-19, direktes Ergebnis einer Forschung, die seit etwa 20 Jahren vom Europäischen Forschungsrat finanziert wird. «Dieser Impfstoff war das Werk des Biotechnologieunternehmens BioNtech, eines europäischen Unternehmens, dessen Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci, beide mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland, vom Europäischen Forschungsrat finanziert wurden», sagt Flückiger. ■ ID Quantique: Als weiteres Beispiel nennt Flückiger ID Quantique. 2001 in Genf von vier Wissenschaftlern der Universität Genf gegründet, die wichtige Finanzmittel vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), aber auch von verschiedenen europäischen Programmen erhielten, hat sich ID Quantique vom kleinen Spin-off zum weltweit führenden Anbieter von Lösungen für sichere Quantenkryptografie entwickelt. Zu den Investoren gehören die Telekomriesen SK Telecom (Südkorea) und Deutsche Telekom. ID Quantique hat seinen Hauptsitz in Genf und unterhält enge Beziehungen zu akademischen Einrichtungen über die Teilnahme an mehreren schweizerischen, europäischen und koreanischen F&E-Programmen, um Innovation auf den Markt zu bringen. (DLA) Das Forschungslabor Cern bei Genf bietet riesige Anlagen zur Erforschung winziger Teilchen. Foto Keystone Schweizer Revue / Oktober 2022 / Nr.5

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