Schweizer Revue 6/2022

MIREILLE GUGGENBÜHLER «Meistens sind wir ganz liebe Schüler und geben uns Mühe.»: So beschreibt ein Mädchen aus der 1. Klasse an der Schule Schötz im Kanton Luzern sich und seine Klassenkameradinnen und Klassenkameraden. Sie macht dies in einem Video, welches der Schulleiter der Primarschule Schötz im Frühling 2021 in den sozialen Medien hochgeladen hatte. Denn: Mit dem Video suchte die öffentliche Schule verzweifelt nach einer Lehrperson, welche die Erstklässler unterrichten würde. Die Kinder wussten übrigens genau, welche Eigenschaften ihre künftige Lehrperson haben müsste: «Sie muss gut Fussball spielen können» und «sie muss nett sein und darf nicht schimpfen». Heute sind die Kinder in der 2. Klasse und haben ihre Traumlehrerin tatsächlich gefunden. Bewerbung während der Weltreise Schulleiter Peter Bigler ist froh darüber. Er sitzt im Büro seiner Schule, an welcher 100 Personen unterrichten. «Dank demVideo haben wir jemanden gefunden, der zum damaligen Zeitpunkt auf einer Weltreise war», erzählt Peter Bigler. Mit dem Video hat er zugleich Neuland betreten: Denn in der Schweiz mussten sich die öffentlichen Schulen bis anhin nicht sehr intensiv um neues Personal bemühen. Die Volksschule hat in der Schweiz einen guten Ruf, 95 Prozent aller Schülerinnen und Schüler besuchen eine öffentliche Schule, 5 Prozent eine Privatschule. Das Vertrauen in staatliche Schulen ist im internationalen Vergleich hoch. Bildung wird in der Schweiz zudem oft als der «wichtigste» oder «einzige» Rohstoff des Landes bezeichnet. In diesem Umfeld war es bis anhin für die Schulen verhältnismässig einfach, zu gut ausgeSchülerinnen und Schüler suchen eine «nette Lehrerin» Die Volksschule in der Schweiz hat zunehmend Mühe, gut ausgebildete Lehrkräfte zu finden. So wie etwa die Schule Schötz (LU). Dies, obwohl die staatliche Schule in der Schweiz einen guten Ruf hat. In Schötz sieht man im Lehrpersonenmangel aber mittlerweile eine Chance, die Schule in der Schweiz neu zu denken. Ein Vorstellungsgespräch der anderen Art: Die Schülerinnen und Schüler der 1. Klasse lernen am Bildschirm ihre künftige Lehrerin kennen, die zu diesem Zeitpunkt gerade noch auf Weltreise ist. Foto Schule Schötz, ZVG Schweizer Revue / Dezember 2022 / Nr.6 18 Gesellschaft

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